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Verbotene Spiele: Verteidigung der Kindheit

Regisseur René Clement erzählt die rührende Geschichte einer besonderen Freundschaft im Zweiten Weltkrieg.

04. August 2023

Als Roberto Benigni 1997 Das Leben ist schön auf die Leinwand brachte, meldete sich auch Jerry Lewis zu Wort. Der als Komiker berühmt gewordene Schauspieler hatte bereits 1972 bei einem im Grunde sehr ernsten Film Regie geführt, der das Thema Holocaust jedoch mit einer gewissen komischen Note versah, indem er das Schicksal eines Clowns in einem KZ erzählte, der als politischer Häftling jüdische Kinder tröstet. The Day the Clown Cried wurde aus verschiedenen Gründen nie veröffentlicht, dennoch zeigte sich Jerry Lewis not amused, als er Benignis Werk kommentieren sollte. Ein bisschen nach dem Motto: Story geklaut – aber gut gemacht.

Bereits aus dem Jahr 1952 stammt das Kriegsdrama Verbotene Spiele von René Clement, das ebenfalls die kindliche Perspektive auf den Krieg thematisiert. Herzzerreißend ist allein schon die Eröffnungssequenz, in der das fünfjährige Mädchen Paulette 1940 bei der Flucht aus Paris vor den einrückenden Deutschen ihre Eltern und ihren Hund verliert. Dessen Leichnam behält die Waise so lange bei sich, bis sie den ungefähr doppelt so alten Michel trifft, der sie zu sich und seinen Eltern auf den Bauernhof mitnimmt. Dort bestimmt bald der besondere Umgang der beiden Kinder mit dem allgegenwärtigen Tod ihre gemeinsamen Spiele. Sie legen selbst einen Friedhof an, der schließlich von Michels Vater entdeckt wird.

Paulette, Michel und ein neuer Hund © Studiocanal

Paulette, Michel und ein neuer Hund © Studiocanal

Clements Film basiert auf dem Roman "Jeux interdits" von François Boyer. Er widmet sich nicht nur der speziellen Tragödie, die Kriege für Kinder darstellen. Paulette ist außerdem ein Stadtkind, das nur wenige Kilometer von ihrer Heimat entfernt, also im eigenen Herkunftsland auf eine für sie vollkommen fremde Welt stößt. Somit handelt Verbotene Spiele auch auf eindringliche Weise von den drastischen Folgen von Flucht und Vertreibung – besonders für sehr junge Menschen. Im Gegensatz zu den beiden oben genannten, zumindest ambivalenten Versuchen von Roberto Benigni und Jerry Lewis, die Shoah mit Humor zu dramatisieren, handelt es sich bei Verbotene Spiele um ein reines Kriegsdrama, das mit den Waffen der Phantasie eine Verteidigung der Kindheit unternimmt. Bis heute ein einzigartig gelungenes Beispiel für eine solche Herangehensweise.

Neben dem Goldenen Löwen von Venedig erhielt Verbotene Spiele vor 70 Jahren auch den Ehrenoscar für den besten fremdsprachigen Film. Eine Art von Happy-End, das von der Geschichte selbst nicht zu erwarten ist.

WF

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