Vor 20 Jahren startete mit Die Reise der Pinguine ein absolut außergewöhnlicher Film. Das Dokudrama von Luc Jacquet verbindet faszinierende Bilder und Töne vom Leben der Kaiserpinguine in der Antarktis mit einem Drehbuch, das sich am natürlichen Kreislauf orientiert, nach dem die Tiere sich unter widrigen Bedingungen fortpflanzen und ihren Nachwuchs aufziehen. Gleichzeitig vermenschlicht Jacquet ihre Handlungen und bringt sie dem breiten Publikum so näher. Jacquet musste sich wegen dieses inszenatorischen Kunstgriffs Vorwürfen erwehren, er schiebe den Großpinguinen eine göttliche Herkunft unter, wo eine ordentliche Naturdoku doch eher auf den Pfaden Charles Darwins wandeln sollte. Heute kann man sagen, dass Jacquet, der als Antarktisforscher die Evolutionstheorie sicher nicht in Zweifel zieht, durch seine Herangehensweise und den Erfolg seines Filmes viele Menschen für die Lebensumstände am Südpol interessiert hat, die von Biologie wenig bis keine Ahnung haben. Umso wertvoller, da sich die Bedingungen vor Ort in den letzten Jahren durch den Klimawandel rasant verschlechtert haben.
Das Geheimnis des Lebens wird weitergegeben © Studiocanal
In der Antarktis nimmt die Eismasse stetig ab, für die Kaiserpinguine bedeutet dies einen Verlust geeigneter Brutplätze – sie stehen heute auf der Roten Liste bedrohter Arten. Und wer Die Reise der Pinguine einmal gesehen hat, wird nie vergessen, um was für ein heikles Unternehmen es sich für die Kolonien bei der Arterhaltung handelt. Die Umstände müssen einfach mitspielen, wenn die Jungtiere eine Chance aufs Überleben haben sollen. Die Erderwärmung sorgt diesbezüglich für viele Probleme.
Die Bilder wirken sicher auch ohne jene Stimmen aus dem Off, die die Kaiserpinguine wie Menschen denken lassen – und dem Film das Prädikat eines Kinderfilms für Erwachsene einbrachten. Ein Film für Erwachsene, der auch Kindern gefällt wäre übrigens eine ebenso treffende Formulierung. Der unbestreitbaren Bildgewaltigkeit des von Luc Jacquet eingefangenen Naturschauspiels trug man beim Verleih Kinowelt (heute Studiocanal/ARTHAUS) Rechnung, indem man 2007 Die Reise der Pinguine als erste eigene Blu-ray-Veröffentlichung auserkor. Insofern bildet Die Reise der Pinguine nicht nur einen künstlerischen Meilenstein im Genre des Dokudramas, der Vorgänge von einem der geheimnisvollsten Orte der Erde ins Bewusstsein rückt, deren Bedeutung für die Existenz der gesamten Menschheit immer deutlicher hervortritt. Es ist auch der Beginn einer Reise des Verleihs, der bis heute anspruchsvolle Lieblingsfilme in höchster Qualität zugänglich machen möchte.
Der forschende Filmemacher und einer seiner Stars © Studiocanal
Hoffen wir, dass man eines Tages nicht auf den Back-Katalog der Evolution verweisen muss, um die wundervolle Spezies der Kaiserpinguine zu würdigen (oder ausschließlich auf den Back-Katalog von ARTHAUS, um sich ihre Schönheit und Wichtigkeit vor Augen zu führen) . Nicht umsonst heißt es zu Beginn ihrer Reise, sie stünden auf dem antarktischen Eis wie Wächter. Das ist nicht nur eine aufmerksame Beobachtung sondern auch als Metapher zu verstehen. Wenn diese Wächter nicht mehr da sind, wer passt dann noch auf uns Menschen auf?
WF