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100 Jahre Goldrausch: Chaplins Klassiker restauriert und im Kino

Zum Release der restaurierten Fassung von Goldrausch – The Gold Rush läuft der Meilenstein der Kinogeschichte am 26. Juni exklusiv im Freiluftkino Rehberge

25. Juni 2025

Wenn ein Film hundertsten Geburtstag feiert, stellt sich automatisch die Frage, ob er gut gealtert ist. Doch bei Charlie Chaplins Goldrausch – The Gold Rush verbietet sich jeder Zweifel an der Langlebigkeit. Auf der Suche nach dem geeigneten Thema für ein Werk, das ihm ähnlich großen Erfolg wie Der Vagabund und das Kind (1921) bescheren könnte, stieß Chaplin selbst auf erzählerisches Gold, bündelte zeitlose Aspekte der Suche nach dem individuellen Glück und traf damit den Nerv eines Grundmotivs des modernen Lebens. Diese Glückssuche hat bis heute nicht an Wichtigkeit verloren.

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Im Film geht Chaplins Tramp nach Alaska, um sich auf die Spuren der Goldschürfer zu begeben, die Ende des 19. Jahrhunderts massenhaft nach Klondike am Yukon River pilgerten. Chaplin war von echten Fotografien inspiriert worden, die schier endlose Menschenschlangen auf dem Weg durch unwirtliches Gebiet zeigen. Einem solchen Tross begegnen wir am Anfang von Goldrausch, allerdings fällt die spezielle Figur Chaplins gleich aus dem Rahmen – auf Grund seiner Kleidung und Ungeschicklichkeit scheint der Tramp nicht ins Szenario der Wildnis Alaskas zu passen. Der Tramp ist ja sowieso nirgendwo zuhause außer in seinen prägenden Klamotten. Eins der größten Kunststücke, die Chaplin nicht nur als Autor, Regisseur und Darsteller von Goldrausch erschaffen hat, ist allerdings die Symbiose von metaphorischer Bedeutung und unmittelbarer Komik in einer langen Reihe von Szenen, die Filmgeschichte schrieben: Dieser bemitleidenswerte Tollpatsch balanciert sowohl sprichwörtlich als auch buchstäblich am Abgrund. Das Wasser, hier ist es gefrorenes Wasser in Form von Schnee, steht ihm die ganze Zeit bis zum Hals. Ein kalter Wind weht dem armen Hund unbarmherzig ins Gesicht. Und vor Hunger bleibt ihm nichts übrig, als einen Schuh zu verzehren.

Man muss verzweifelt sein, wenn man Schnürsenkel statt Nudeln isst, finanzielle Armut ist eine harte Tatsache. Der wichtigere Aspekt der Glückssuche des Tramps ist jedoch die Liebe. Chaplin erzählt komisch und anrührend von der Einsamkeit in einer Zeit zwischen den Kriegen und den Systemen, von der Hoffnung auf Verständnis zwischen den Menschen. Politik spielt in Goldrausch keine offensichtliche Rolle, die Absurdität der Umstände, die von politischen Entscheidungen bestimmt werden, aber umso mehr. Sicher hat jeder Mensch einen Haufen Gold verdient, doch Gold allein, so die Moral der Geschichte, macht niemanden wirklich glücklich. Zum Glück gewinnt der einsame Goldgräber schließlich das Herz der Tänzerin Georgine, und zwar ohne dass Georgine von seinem neuen Reichtum weiß. Dieses Filmende ist Romantik pur aber auch ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung der Verhältnisse: Man kann als kleines Licht durchaus großes Glück finden, wenn das eigene Herz die entsprechenden Voraussetzungen mitbringt.

© Studiocanal

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Apropos Herz: Selbst ein leidenschaftlicher Künstler wie Charlie Chaplin braucht mitunter eine extragroße Portion Optimismus. Heute weiß jedes Kind, welch ein Geniestreich ihm 1925 mit Goldrausch gelang. Aber wir sprechen über die Zeit, als die unsterblichen Filmklassiker aus der United Artists-Ära – Moderne Zeiten, Der große Diktator oder Lichter der Großstadt – noch vor ihm lagen. Chaplin investierte viel, um seine Ideen für Goldrausch umzusetzen. Sein Perfektionismus ist legendär und führte zu Innovationen wie der Montage einzelner Filmszenen aus verschiedenen Takes. Künstlerische oder technische Unzulänglichkeiten waren Chaplin ein Graus, auch am Geld sollte das Projekt nicht scheitern. Das hohe Budget wurde zigfach wieder eingespielt, aber das Risiko einer finanziellen Bauchlandung war rückblickend nicht gerade gering. Mit Goldrausch ging Chaplin all in.

© Studiocanal

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Chaplin zählte Goldrausch zeitlebens zu einem der Filme, mit denen er vollkommen zufrieden war. Doch selbst er würde staunen, wie gut sein Goldrausch die Zeit überdauert hat. Mit einem weinenden Auge, weil sich an den schlechten Rahmenbedingungen des Glücklichseins und die damit verbundenen Sehnsüchte, die er damals so hellsichtig auf die Leinwand brachte, für viele Menschen seit 100 Jahren nichts geändert hat. Und mit einem lachenden Auge, weil die neue 4K-restaurierte Fassung des Films, mitsamt der Musik, die er 1942 nachträglich komponierte, dem Original zeitgemäß Tribut zollt. Die Liebe zum Film war eins von Chaplins wichtigsten Motiven – Goldrausch bleibt uns als vollendete Liebeserklärung erhalten. PS: Haben Sie schon mal versucht, mit einem Chaplin-Kompass ihr Glück zu finden? Sie brauchen nur einen Stift und ein Stück Papier, die richtige Richtung zeigt ihnen dann schon ihr Herz.

WF

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