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Bild zu Akira Kurosawas Ran: Sein letztes Epos

Akira Kurosawas Ran: Sein letztes Epos

In diesem Historienfilm vermischte Kurosawa europäische und traditionelle japanische Motive und ließ die Kunst des Films erstrahlen, die Menschheit jedoch schlecht aussehen. Nun erscheint das Großwerk in 4K-restaurierter Fassung und als Special Edition.

13. Juli 2021

Ran war 1985 der letzte epische Historienfilm, den Akira Kurosawa drehte – und die bis dahin teuerste japanische Filmproduktion überhaupt. Die Geschichte des gealterten Großfürsten und Kriegsherrn Hidetora Ichimonji, der seine Macht schon zu Lebzeiten unter seinen drei Söhnen aufteilen will und damit eine Gewaltspirale entfacht, die in der Tradition der eigenen brutalen Taten der Vergangenheit steht, ist sowohl großes Kino als auch großes Theater. Denn Kurosawa bediente sich für die Story bei Shakespeareschen Motiven – nicht zum ersten Mal übrigens, nach "Macbeth" und "Hamlet" knöpfte er sich diesmal den "König Lear" vor – und bei einer alten Legende aus seiner Heimat. Zudem erinnern manche Charakterdarstellungen, wie die des im Verlauf der Handlung immer geisterhafter erscheinenden Großfürsten Ichimonji, dazu auch Kostüm und Maske, ans traditionelle Nō-Theater. Der Realismus der Geschichte steckt in ihrem metaphorischen Kern – und sozusagen zwischen den Seiten des Storyboards, an dem Kurosawa jahrelang feilte.

Der Großfürst in Not © Studiocanal

Der Großfürst in Not © Studiocanal

Besonders spannend an diesem perfekt choreografierten und in jeder Filmsekunde spannenden Epos ist heute die Balance zwischen den psychologisch tiefgehenden Momenten und den überwältigenden Schlachtenszenen, für die sich Kurosawa gleich viel Zeit lässt. So bekommt man eine Idee davon, dass die Logik der Gewalt vermutlich nicht erst seit dem 16. Jahrhundert und nicht bloß in Japan, nach bestimmten Gesetzen funktioniert – und die Götter, die gerne mal herbeizitiert werden, um dem Gemetzel ein Ende zu setzen, schon mit der Lösung von kleinsten Problemen wie der Eifersucht unter Brüdern und dem Misstrauen des Vaters den eigenen Kindern gegenüber offensichtlich komplett überfordert sind. Ein Feelgood-Film ist Ran nicht, ein ästhetischer Hochgenuss allerdings schon.

Die Welt in Flammen © Studiocanal

Die Welt in Flammen © Studiocanal

Kurosawa ging damals produktionstechnisch an die Grenzen, die Zerstörung der dritten Burg im Film war aber schließlich nicht die allergrößte Herausforderung während der Dreharbeiten. Die mussten für einen (!) Tag unterbrochen werden, als Kurosawas Ehefrau verstarb. Schmerz und Verzweiflung sind starke Motive von Ran, was übersetzt etwa Unruhe oder Aufstand bedeutet. Die zugrunde liegende Legende wandelte Kurosawa in diesem Sinne entscheidend ab: "Als ich las, dass drei Pfeile zusammen unzerstörbar waren, glaubte ich es nicht. Ich zweifelte und dachte: Das Haus war erfolgreich, die Söhne waren mutig. Was wäre, wenn die Söhne dieses faszinierenden Mannes schlecht gewesen wären?" Die großen Fragen der Menschheit werden manchmal durch den Hieb eines einzelnen Schwerts beantwortet. Kurosawa hat dieser Weisheit und auch sich selbst mit diesem Meisterwerk endgültig ein Denkmal gesetzt.

WF

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