Der Avantgardist des Neuen Deutschen Films
Regisseur, Produzent, Lehrender, Literat, Cineast, Erneuerer und Autorenfilmer: Edgar Reitz kann ohne Zweifel als eine der vielseitigsten Figuren der deutschen Filmlandschaft bezeichnet werden. Während er in den 1960er Jahren erstmals als einer der Unterzeichner des Oberhausener Manifests in Erscheinung tritt, setzt er sich 20 Jahre später mit dem Monumentalwerk Heimat ein Denkmal.
Edgar Reitz wird 1932 in Morbach im Hunsrück geboren. Er studiert in München Theaterwissenschaft, Germanistik, Kunstgeschichte und Publizistik, schreibt nebenher Gedichte und Erzählungen und gibt die Literaturzeitschrift Spuren heraus. Ab 1958 verwirklicht er erste Kurz- und Experimentalfilme. Als Mitglied der „Oberhausener Gruppe“ beteiligt sich Reitz am Oberhausener Manifest, das „Papas Kino“ für tot erklärt, und begründet 1962 den „Jungen Deutschen Film“ mit. Mit dem Institut für Filmgestaltung in Ulm ruft er gemeinsam mit anderen Jungregisseuren die erste Filmschule der Bundesrepublik ins Leben und ist dort die folgenden acht Jahre als Dozent für Regie und Kameratechnik tätig. 1966 führt Reitz Regie bei Alexander Kluges Abschied von gestern (1966). Gleichzeitig entsteht sein erster Spielfilm Mahlzeiten (1967), der auf dem internationalen Filmfestival in Venedig als Bester Debütfilm ausgezeichnet wird. Reitz experimentiert mit 8-mm-Filmen, betreibt mit Ula Stöckl und dem gemeinsamen Projekt Geschichten vom Kübelkind (1971) ein Kneipenkino und veröffentlicht unzählige filmtheoretische Texte. Neben Dokumentar- und Lehrfilmen inszeniert er in den siebziger Jahren auch Spielfilme wie Die Reise nach Wien (1973) und Stunde Null (1977).
Ab Mitte der siebziger Jahre arbeitet Edgar Reitz vor allem auch an zahlreichen Veröffentlichungen über Filmtheorie und Filmästhetik sowie Erzählungen, Essays, Lyrik und literarischen Fassungen seiner Filme. Als sich Ende der siebziger Jahre mit Der Schneider von Ulm (1978) für Reitz ein finanzieller Misserfolg einstellt, zieht er sich zurück und entwickelt die Idee für sein großes Lebens-Projekt: Heimat – Eine deutsche Chronik (1979-84).
Mit der 11-teiligen TV-Serie gelingt Reitz schließlich ein überwältigender Erfolg. Kritik und Publikum sind begeistert. 1993 und 2004 setzt er sein Mammutprojekt mit Heimat 2 – Chronik einer Jugend und Heimat 3 – Chronik einer Zeitenwende fort. Mit der dreiteiligen Serie über eine Familie aus dem Hunsrück schuf der Filmemacher vor dem Hintergrund politischer Geschehnisse und gesellschaftlicher Entwicklungen ein beispielloses Denkmal, das weit über Deutschlands Grenzen hinaus Anerkennung fand. Zuletzt schließt 2006 der Epilog Heimat-Fragmente: Die Frauen, der unveröffentlichtes Material enthält, an den Heimat-Zyklus an.
Die andere Heimat - Chronik einer Sehnsucht (2013)
Heimat-Fragmente: Die Frauen (2006)
Heimat 3 - Chronik einer Zeitenwende (Mini-Serie) (2004)
Die zweite Heimat (Fernsehserie) (1992)
Heimat - Eine Chronik in elf Teilen (Mini-Serie) (1984)
Der Schneider von Ulm (1978)
Deutschland im Herbst (1978)
Stunde Null (1977)
In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod (Co-Regie) (1974)
Die Reise nach Wien (1973)
Das goldene Ding (1972)
Geschichten vom Kübelkind (1971)
Doppelsonne (1969)
Cardillac (1969)
Mahlzeiten (1967)
VariaVision. Unendliche Fahrt - aber begrenzt (1965)
Varia Vision (1965)