Detailsuche

Bild zu Die Farben der Zeit: Ein halber Kostümfilm – aber ein ganzer Klapisch!

Die Farben der Zeit: Ein halber Kostümfilm – aber ein ganzer Klapisch!

Wir haben mit dem Regisseur von Einsam Zweisam und Das Leben ein Tanz über seinen ersten historischen Film gesprochen. Kinostart: 14. August.

12. August 2025

Welche Idee steckt hinter ihrem ersten historischen Film Die Farben der Zeit?

Ich wollte unbedingt einen Kostümfilm drehen, denn das hatte ich noch nie gemacht. Ich wollte wissen, wie es ist, mit Kostümen zu arbeiten und den Film in einer anderen Zeit spielen zu lassen. Nachdem ich mich ein paar Tage mit meinem Drehbuchteam zusammengesetzt hatte, wurde mir aber klar, dass es interessanter wäre, zwei Zeitabschnitte zu erzählen: Heute und vor 150 Jahren. Ich wollte die beiden Epochen vergleichen. Also beschlossen wir, zwischen den Zeiten hin und her zu springen und zwei Geschichten in einer zu erzählen.

Was sind die größten Herausforderungen bei der Produktion eines Kostümfilms?

Man braucht sehr viel Geduld. Sowohl in Bezug auf die Finanzierung als auch auf die Realisisierung. Bühnenbild, Kostüm, Organisation, digitale Effekte – man braucht schon ein gewisses Budget. Und Zeit. Zum Beispiel, wenn man eine Szene mit einer Pferdekutsche dreht. Es geht vielleicht nur um eine einzige Einstellung mit Pferden, aber die Tiere müssen "mitspielen", das ganze Team hochkonzentriert arbeiten, um viele Takes zu vermeiden, und danach müssen die Pferde wieder zurückgebracht werden. Mitten in Paris kann so etwas ewig dauern.

Die Pferde müssen wenigstens nicht in die Maske.…

Ja, es ist allein schon sehr aufwändig, die Statisten anzuziehen, zu frisieren und zu schminken. Das dauert pro Kompars*in etwa eine Stunde. Die können ja nicht einfach in ihren Jeans im 19. Jahrhundert herumlaufen. Das bedeutet schon im Vorfeld, etwa beim Drehbuchschreiben oder bei den Absprachen mit den Kostüm- und Set-Designern, erhöhte Aufmerksamkeit und viel Dokumentation. Nur wenn man seine Hausaufgaben ordentlich gemacht hat, können die Dreharbeiten ohne große Verzögerungen über die Bühne gehen.

Wie ein Fenster in eine andere Welt: Suzanne Lindon als Adèle Ende des 19. Jahrhunderts © Studiocanal

Wie ein Fenster in eine andere Welt: Suzanne Lindon als Adèle Ende des 19. Jahrhunderts © Studiocanal

Und was macht den speziellen Reiz der Regie bei einem Episodenfilm für Sie aus?

Es gibt ein seltsames Verhältnis zwischen der Zeit, die man mit den Vorbereitungen verbringt und der unmittelbaren Wirkung. Nehmen wir die Hauptfigur Adèle, gespielt von Suzanne Lindon. Man macht sie zurecht im Stil des 19. Jahrhunderts, und es dauert ungefährt drei Stunden, bis sie fertig ist. Dann erscheint sie am Set, und man fühlt sich sofort in in eine andere Zeit versetzt. Das ist das Herz des Filmemachens … Kino in Reinform.
Und es ist schon ein bisschen verrückt aber es macht eben auch den Reiz aus, wieviel Zeit man investieren muss, um das zu erreichen. Das gilt übrigens nicht nur für den Regisseur, sondern auch für alle anderen – insbesondere für die Schauspieler*innen. Mode ist ein wichtiger Faktor, wenn man ein bestimmte Zeit verstehen will.

Haben Sie während der Vorbereitung selbst vermehrt Kostümfilme angeschaut?

Ja, tatsächlich. Ich liebe zum Beispiel Stanley Kubricks Barry Lyndon. Der spielt in einer ganz anderen Zeit, aber ich habe viel gelernt, indem ich den Film immer wieder angesehen habe: Wie kann man seinen eigenen Stil in einen historischen Film einbringen? Es gibt da noch ein seltsames Phänomen: Barry Lyndon oder Amadeus von Milos Forman sieht man sofort die Zeit ihrer Entstehung an. Es geht um eine bestimmte Epoche, in der die Handlung des Films spielt. Aber auch um die aktuelle Zeit. Wenn ich an Formans Amadeus denke, denke ich unweigerlich an die 1980er Jahre und an Punk.

Nicht nur mehr Papierkram, wenn du plötzlich Teil einer dir unbekannten Familie bist … © Studiocanal

Nicht nur mehr Papierkram, wenn du plötzlich Teil einer dir unbekannten Familie bist … © Studiocanal

Da passt es, dass ungefähr 50 Prozent von Die Farben der Zeit in der Gegenwart angesiedelt sind. Welcher Teil des Films war zuerst da?

Je mehr wir an den beiden Geschichten arbeiteten, desto mehr wurde Die Farben der Zeit zu einer Familiengeschichte, so ist beides gleichzeitig und gleichberechtigt entstanden. Das eigentlich Komplizierte war der Schnitt. Weil es eine Frage des Rhythmus ist, wie man die Storylines miteinander verknüpft, sodass die jeweiligen Zeiten und Figuren miteinander harmonieren. An einem Punkt der Handlung treffen sie sogar aufeinander, da wird es ein bisschen phantastisch …

Wie sind Sie auf die Geschichte mit der 50-köpfigen Erbengemeinschaft des historisch bewegten Hauses gekommen?

Bei der Recherche haben wir festgestellt, dass es keine Seltenheit ist, dass Genealogen solche Verbindungen herstellen, wenn nicht klar ist, wem eine Immobilie nach dem Tod des Eigentümers gehört. Dann braucht man jemanden, der die Geschichte der Familie aufdröselt. Das ist wie die Arbeit eines Privatdetektivs. Mein Drehbuchautor stammt aus Argentinien, und sein Vater wurde einmal angerufen, weil er ein Haus in Argentinien erben sollte. Er wusste nicht einmal, wem das Haus gehörte. Es scheint irgendwie üblich, dass man gebeten wird, sich einer Familie anzuschließen, die man kaum kennt.

Video kann aufgrund der gewählten Cookie-Einstellungen nicht gezeigt werden.

Claude Monet ist eine entscheidene Figur in Die Farben der Zeit. Wie würden Sie ihr persönliches Verhältnis zu seiner Malerei beschreiben?

Die Impressionisten des 19. Jahrhunderts generell haben mich immer schwer beeindruckt. Und je mehr ich mich in Monets Werk vertiefte, desto klarer wurde mir, dass seine Bilder etwas ganz Besonderes sind und aus der künstlerischen Bewegung deutlich herausstechen. Ich schätze Monet aus vielen Gründen.

Wie haben Sie Suzanne Lindon für die Rolle der Adèle gefunden? Und würden Sie zustimmen, dass ihre Präsenz den Film prägt?

Wir mussten jemanden finden, der sehr jung und gleichzeitig zerbrechlich und reif war. Suzanne Lindon ist unglaublich talentiert. Mir war das nicht mal richtig bewusst, obwohl sie beim Vorsprechen die Beste war. Sie hat mich beim Dreh überrascht, weil sie so viele Emotionen durchleben konnte. Die Beziehung, die sie zu den beiden kleinen Jungen hat. Die Beziehung zu ihrer Mutter. Die Beziehung zu ihrem Liebhaber. Ihre Feinfühligkeit und Stärke hat es mir als Regisseur tatsächlich leichter gemacht, die Geschichte samt ihren Zeitsprüngen anschaulich zu erzählen.

WF

Dazu in unserem Magazin

Arthaus Stores

Social Media