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Kennen Sie den schon? Im Rausch der Tiefe

Das Taucherdrama von Luc Besson aus dem Jahr 1988 ist eine meditative Erfahrung, die man nicht mehr vergisst, wenn man es einmal in all seiner blauen Pracht gesehen hat. Im Rausch der Tiefe gibt es aktuell bei ARTHAUS+.

Filmgeschichten/Kennen Sie den schon …?

03. Juni 2022

Bevor Im Rausch der Tiefe langsam aber stetig zum Publikumsliebling und ein wenig später zum Kultfilm vieler Taucher wurde, mussten Luc Besson und seine Darsteller*innen Jean Reno, Jean-Marc Barr und Rosanna Arquette eine ruppige Premiere durchleben. Im Mai 1988 wurde Bessons Drama um ein Duell zweier Freitaucher als Eröffnungsfilm der Festspiele in Cannes gezeigt. Die drei Männer der Runde stolzierten in blauen Smokings über den Roten Teppich und freuten sich über die große Ehre, eine sündhaft teure, durch die vielen Tauchszenen komplizierte Produktion mit einer Cannes-Premiere abzurunden. Es sollte anders kommen: Einige Zuschauer:innen verließen den Saal, als der Abspann über die Leinwand flackerte, hallten Pfiffe durchs Kino. Die Kritiker:innen zerrissen den Film, machten an ihm die vermeintliche Krise des französischen Kinos fest. Aber wie so oft war das Publikum anderer Meinung: Nach und nach entwickelte sich Im Rausch der Tiefe in Europa zum Kino-Hit – und wurde mit über neun Millionen eine der erfolgreichsten Produktionen der französischen Kinogeschichte. Ganz nebenbei macht er Reno, Barr und Arquette zu Stars. Barr sagt einmal über diese Zeit: "Plötzlich war ich Teenie-Idol und bekannt wie Micky Maus." Für Jean Reno war Im Rausch der Tiefe der Startpunkt einer durchgehend erfolgreichen Kinokarriere – die er mit Filmen wie Nikita und Leon – Der Profi auch Luc Besson zu verdanken hat.

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Ein visueller und akustischer Rausch

Falls Besson damals enttäuscht oder wütend in seinem Hotelzimmer in Cannes saß, hat er mit Sicherheit den Soundtrack seines eigenen Films gehört, um runterzukommen. Im Rausch der Tiefe vergisst man nämlich nicht nur wegen den magischen Blautönen des Films, die Kameramann Carlo Varini zu verdanken sind, sondern auch wegen der Musik vom Besson-Vertrauten Éric Serra. Seine Ambient-Kompositionen, die oft auf verhallte Synths-Sounds und hin und wieder auf ein sanftes Saxophon setzen, funktionieren auch ohne die Bilder wie ein meditatives Kopfkino. Ähnlich wie bei den Hauptcharatkeren des Films verbindet Besson und Serra eine Jugendfreundschaft. Die beiden kennen sich bereits, seit sie 18 waren. "Er hat mich gebeten, die Musik für seinen ersten Kurzfilm zu machen. Dann kam sein erster großer Film – und so ging es weiter. Luc hat mich einfach immer gefragt. Wir haben unsere Karrieren sozusagen zusammen begonnen", sagte Éric Serra 2016 recht bescheiden in einem Interview.

Fiktives Drama um zwei reale Personen

Im Zentrum von Im Rausch der Tiefe steht das Duell der zwei Freitaucher Jacques Mayol und Enzo Maiorca, das lose an den Biografien der real existierenden Personen ausgerichtet ist. Die beiden wachsen auf der griechischen Insel Amorgos auf. Jacques wird dabei als melancholischer Außenseiter gezeichnet, während Enzo der coole, rücksichtslose Draufgänger ist, der von den Kindern auf der Insel verehrt wird. Die beiden verbindet zugleich eine Jugendfreundschaft und der von Enzo forcierte Kampf um die Frage, wer von ihnen tiefer tauchen kann. Ein Duell, das auch beim realen Apnoe-Tauchen oft gefährlich ausgeht. Der Italiener Enzo Maiorca war von der Filmdarstellung übrigens wenig angetan: Er ließ gerichtlich durchsetzen, dass der Film nicht in Italien gezeigt wurde. Der Richter sah 1988 im dargestellten Charakter eine Verdichtung von Vorurteilen gegenüber Italienern und gab Maiorca Recht. So erfolgte die Premiere in Italien erst 2002 mit 14 Jahren Verspätung.

Traumpaar mit Meerblick: Jean-Marc Barr und Rosanna Arquette © Gaumount Ressources

Traumpaar mit Meerblick: Jean-Marc Barr und Rosanna Arquette © Gaumount Ressources

Taucher sagen: "Das ist unser Kultfilm."

Trotz all dieser Schwierigkeiten ist sich nicht nur die Kinogemeinde heute sicher, dass Im Rausch der Tiefe eine intensive Filmerfahrung ist. Und auch die Tauch-Community feiert diesen Film bis heute. Einer der erfolgreichsten Freitaucher der letzten Jahre – der Österreicher Herbert Nitsch – sagte vor einigen Jahren der Zeitung "der standard" in einem Interview, der Film sei ein Referenzwerk für Freitaucher und meinte: "Das ist unser Kultfilm." Nitsch stellte in seiner aktiven Zeit zwischen 2001 und 2010 32 Weltrekorde auf. Die Medien nannten ihn deshalb damals "Deepest Man on Earth". Über die Darstellung der Tauschszenen sagte Nitsch: "Das Drumherum kommt der Realität nahe." Die Szenen unter Wasser seien hingegen nicht immer nachvollziehbar: "Kein Freitaucher legt beim Abtauchen einen Zwischenstopp ein, um den Puls zu messen. Das mag dramaturgisch funktionieren, entspricht aber nicht dem gängigen Prozedere."

Das Verdikt der Tauch-Community sieht ähnlich aus. © Gaumount Ressources

Das Verdikt der Tauch-Community sieht ähnlich aus. © Gaumount Ressources

Man muss allerdings kein Taucher sein, um der Magie von Im Rausch der Tiefe zu erliegen. Das ruhige Erzähltempo, die geheimnisvolle Musik, die wunderschönen Darsteller:innen und Delfine, das Farbenspiel der Sonne und des Meeres – all das macht Im Rausch der Tiefe zu meditativen Erfahrung, die man nicht mehr vergisst, wenn man den Film auch nur einmal in all seiner blauen Pracht gesehen hat.

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