Detailsuche

Bild zu Sollte ich heute wieder Angst vor der KI-Technik in Terminator 2 haben?

Sollte ich heute wieder Angst vor der KI-Technik in Terminator 2 haben?

Terminator 2 – Tag der Abrechnung gibt es ab sofort in der Limited Endo Skull Edition. Unser Autor sah den Film als Kind und hatte danach monatelang Angst vor einer Apokalypse – was vor allem an der Idee einer Künstlichen Intelligenz namens Skynet lag. Im Angesicht der rasenden KI-Entwicklung fragt er sich: Sollte er diese Angst heute wieder haben?

30. November 2023

Zwei Filme haben mich in meiner Kindheit zu Tode erschreckt. Oder besser: Sie haben mich über Monate in eine apokalyptische Stimmung versetzt. Ich war mir sicher, dass ich bald das Ende der Menschheit erleben bzw. ersterben durfte. Der erste Film war The Day After – Der Tag danach. Ich wurde 1978 geboren, musste als Kind also durchaus das ein oder andere Mal bei Regen und Ostwind ganz dringend ins Haus, weil meine Mutter sauren Regen aus Tschernobyl fürchtete. Irgendein sadistischer Programmplaner kam dann zu der Zeit auf die Idee, The Day After am frühen Abend im ZDF zu zeigen. Diese Bilder, diese rote Färbung der verstrahlten Städte und das Wissen um die Qualen eines Strahlentodes verfolgten mich eine ganze Weile. Der zweite Film, der ein paar Jahre später eine ähnliche Angst auslöste, war Terminator 2 – Tag der Abrechnung (im Original: Terminator 2: Judgment Day). Da war ich 13, hatte schon längst Autoren wie Stephen King und Clive Barker für mich entdeckt, aber trotzdem hatte dieser damals bahnbrechende Actionfilm eine furchteinflößende Wirkung auf mich. Das hat mich schon damals verwundert. Ich hatte die "Bücher des Blutes" durch, hatte nach der Kastrations-Szene in "Stark – The Dark Half" und den fiesen Morden von "Es" nur ein paar Tage lang Alpträume, aber Terminator 2: Judgment Day ließ mich über Wochen nicht los.

Video kann aufgrund der gewählten Cookie-Einstellungen nicht gezeigt werden.

Horror konnte mich kaum schocken – was war es also, das mich an Terminator 2 so verunsicherte? Ich glaube, es lag zuerst an dem schonungslosen Blick in die Zukunft, die James Cameron hier viel intensiver zeigte als noch im Vorgänger. Cameron verankerte seine apokalyptische Vision sehr deutlich in den Ängsten der später 80er, die auch meine Kindheit prägten: Der Großteil der Menschheit wird in seinem Film durch eine Atomexplosion getötet, weil die Künstliche Intelligenz Skynet Russland zu einem Atomschlag provoziert. Sie eskaliert also den realen Kalten Krieg und findet eine perfide Lösung für das "Problem Menschheit", bei der Skynet die meisten Opfer auch noch auf den Deckel der Menschheit schreiben kann. Das war (im Film) am 29. August 1997, den wir ja zum Glück in der Realität immerhin überlebt haben...

James Cameron schaffte es bei mir aber gleichzeitig, ein Unbehagen gegenüber Computern auszulösen. Mitte der 90er war ich ein leidenschaftlicher Zocker. Ich hatte einen Amiga, spielte über Stunden das Echtzeit-Strategie-Game "Dune" und fluchte oft über die Intelligenz der vom Computer gesteuerten Gegner. Cameron verband also meine Kindheitsängste mit meinem liebsten Hobby – und wenn mein kleiner, schicker Amiga mal wieder die Harkonnen auf mich jagte und meine Armee bei "Dune" auf besonders clevere oder aggressive Weise zerstört hatte, erschien es mir gar nicht so abwegig, dass eine Art "Supercomputer" in ein paar Jahren nicht nur Pixel-Armeen sondern echte Waffen steuern könnte. Lustigerweise nahm mir ein Videospiel später auch die Angst vor Terminator 2. Als ich mit 14 an einem Schüleraustausch in England teilnahm, zockten wir dort oft in einer Videospielhalle. Da gab es den Spielautomaten zum Film, bei dem man nicht mit Joysticks, sondern mit real wirkenden Laser-Kanonen auf virtuelle T800-Roboter schießen konnte. Was mir dermaßen Spaß machte, dass es den Film und seine apokalyptische Vision für mich irgendwie entschärfte.

Der Endo Skull in der neuen limitierten Edition © Studiocanal GmbH

Der Endo Skull in der neuen limitierten Edition © Studiocanal GmbH

Als ich kürzlich eine Werbung für die neue Terminator 2 Limited Endo Skull Edition sah und der Skulptur in die kalten Augen blickte, fragte ich mich kurz, ob mir der Film heute wieder Angst machen würde. Ich schaute ihn mir darauf noch einmal an – und kam auf ein klares: Jein. Zum einen merkte ich, dass ich damals wohl unter dem bei Teenager*innen weit verbreiteten Hang zur Apokalypse litt. Terminator 2: Judgment Day ist eben vor allem auch ein temporeicher Action-Streifen, bei dem man über weite Strecken nicht groß nachdenken muss, weil die Stunts, die Explosionen und die Effekte einen bei Laune halten. Zum anderen wurde mir aber bewusst, dass James Cameron damals einige Hinweise im Film platzierte, die zeigen, dass ihn das Thema Künstliche Intelligenz sehr intensiv beschäftigt hat. Gepaart mit der Message, dass Wissenschaft und Forschung oft nicht alle Auswirkungen ihres Fortschreitens bedenken, darf einen dieser Film gerade heute durchaus wieder ein wenig beunruhigen. Es kommt schließlich nicht von ungefähr, dass viele Zeitungsartikel, die kritisch auf die rasende Entwicklung der K.I.-Technologie blicken, das Wort Skynet enthalten.

Arnold Schwarzeneggers T-800 erklärt John Connor im Film einmal ganz grob, wie es technisch funktioniert, dass er lernfähig ist. Er spricht dabei von "neuronalen Netzwerken", die ihm diesen Lernprozess ermöglichen. Wer sich ein wenig intensiver mit KI beschäftigt, dürfte hier hellhörig werden. Cameron drehte Terminator 2 in der Zeit von Oktober 1990 bis März 1991 – das Drehbuch dürfte also in großen Teilen um 1989 geschrieben worden sein. Die 80er waren für die KI-Forschung das, was oft "der KI-Winter" genannt wurde. Neuronale Netzwerke waren ein geradezu obskures Forschungsgebiet, in dem nur ganz wenige Expert*innen Potential sahen. Geoffrey Hinton – den heute viele den "Godfather of KI" nennen – war einer dieser sehr kleinen Gruppe Menschen. Mit seinem Team gelang ihm 1986 ein entscheidender Durchbruch, der jedoch erst ein paar Jahre später in Gänze als dieser erkannt wurde. Die KI-Programme, die heute für Aufsehen sorgen, basieren vor allem auf diesen neuronalen Netzwerken. Cameron hatte damals mit dieser Zeile also entweder einen "lucky guess", oder er war wirklich sehr gut im Thema.

John Connor und der T-800, der ihn beschützen soll. Hier blickt Cameron durchaus positiv auf das Thema, weil bei ihm die Maschinen auch vom Menschen lernen. Und sogar ein rudimentäres Verständnis von Emotionen entwickeln. © Studiocanal GmbH

John Connor und der T-800, der ihn beschützen soll. Hier blickt Cameron durchaus positiv auf das Thema, weil bei ihm die Maschinen auch vom Menschen lernen. Und sogar ein rudimentäres Verständnis von Emotionen entwickeln. © Studiocanal GmbH

Später im Film gibt es eine weitere Szene, die man damals wie heute als Mahnung lesen kann. Sie spielt im Haus des Wissenschaftlers Dyson, dessen Forschung Skynet zum Leben erwecken wird. Nachdem Sarah Connor es nicht übers Herz bringt, ihn vor seiner Familie zu erschießen – für eine Tat, die ihm noch nicht bewusst ist, blafft sie ihn an: "Männer wie ihr habt die Wasserstoffbombe gebaut!" Auch das ist ein sehr gut platzierter Angriff von Cameron: Wer Oppenheimer gesehen hat oder das tolle Buch "MANIAC" von Benjamín Labatut gelesen hat, weiß dass die Entwicklung dieser Bombe kurz nach Erfindung der Atombombe viele der beteiligten Wissenschaftler geradezu erschüttert hat – vor allem nachdem sie sahen, wie der Prototyp "Ivy Mike" am 1. November 1952 die Insel Elugelab im Pazifik pulverisierte. Das sah übrigens so aus:

Video kann aufgrund der gewählten Cookie-Einstellungen nicht gezeigt werden.

Die Frage, ob wir Angst vor KI haben müssen, wird heute heiß diskutiert und treibt mich auch persönlich um. Gar nicht mal, weil ich Angst habe, dass sie mich demnächst in die Luft jagen lässt, sondern eher, weil sie schon ziemlich gut darin ist, Texte zu schreiben und man für das ARTHAUS Magazin in drei Jahren vielleicht gar keine Autor*innen braucht, sondern nur noch einen Aufpasser für einen KI-Textgenerator. Ich glaube auch diese Erkenntnis brachte mich dazu, diesen Text schreiben zu wollen. Geoffrey Hinton selbst zählt heute zu den Kritikern von KI: Er kündigte in diesem Jahr bei Google, weil er glaubt, Google und auch die Konkurrenz würden geradewegs ins Verderben rennen. Er sagte der New York Times in einem Interview: "Die Idee, dass diese Technologie wirklich intelligenter als ein Mensch werden könnte – daran haben wenige Menschen geglaubt. Die meisten dachten, das ist noch weit entfernt. Ich habe auch gedacht, dass es mindestens 30 bis 50 Jahre dauern wird. Es ist offensichtlich, dass ich heute mehr denke." Dann sagt er noch: "Schauen Sie sich an, wo KI gestern war und wo sie heute ist. Nehmen Sie den Unterschied und projizieren Sie ihn in die Zukunft. Das ist furchteinflößend."

Es gibt allerdings auch Bücher über das Thema, die mich beruhigen: Der Robotikspezialist Murray Shanahan veröffentliche 2020 ein Buch namens "Die technologische Singulärität". Der Titel benennt den "Zeitpunkt, an dem von künstlicher Intelligenz gesteuerte Maschinen sich fortlaufend selbst so zu verbessern imstande sind, dass sie sich der Beherrschung durch Menschenhand entziehen." Shanahan geht der Frage, ob diese Singularität (bald) möglich ist, sehr konstruktiv nach, auch aus dem Impuls heraus, die von ihm oft als überhöht wahrgenommenen Ängste anderer vor der KI zu mindern. Nach dem Lesen dieses Buches hatte ich tatsächlich nicht mehr ganz so viel Angst vor zu intelligenten Maschinen, sondern einen Heidenrespekt vor der Leistung des menschlichen Gehirns. Das ist im Vergleich zu einem KI-Programm nämlich immer noch das größere Wunder.

Ich werde also heute nicht so unruhig schlafen wie damals, als ich Terminator 2 zum ersten Mal sah. Und ich glaube, ich würde mir sogar den Endo Skull ins Regal stellen – das allerdings eher im Wohn- als im Schlafzimmer. Aber trotzdem: Das Unbehagen, das James Cameron damals mit seinem Szenario auslöste, ist heute wieder da – weil es aktueller denn je geworden ist. Und weil man gar keine apokalyptischen Action-Blockbuster braucht, um in in Sachen KI Sorgen nervös zu werden. Da reichen heute schon Dokumentationen wie "AlphaGo". Die zu Google gehörende KI-Firma DeepMind hat nämlich ein auf neuronale Netzwerke setzendes, KI-basiertes Programm mit diesem Namen entwickelt, um die Menschheit in einem der ältesten und komplexesten Brettspiele der Welt zu schlagen: im Go. Der Film zeigt, wie das Programm 2016 den weltbesten Go-Spieler, Lee Sedol, mit 4:1 in einem mehrtägigen Duell schlug. Und wenn man sieht, wie dieser erst so siegessichere Mensch vom Glauben abfällt und das Programm Spielzüge ausheckt, die selbst die Entwickler verblüffen – da darf man dann ruhig so etwas wie Ehrfurcht und vielleicht gar auch Angst entwickeln ...

Video kann aufgrund der gewählten Cookie-Einstellungen nicht gezeigt werden.

Die Terminator Limited Endo Skull Edition mit imposanter Skulptur, drei Discs und umfangreichem Bonusmaterial kann hier exklusiv im Studiocanal Shop bestellt werden.

Daniel Koch

Das könnte Ihnen auch gefallen

Dazu in unserem Magazin

Arthaus Stores

Social Media