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Der Weiße Hai: Endlich Ferien!

1975 verfilmte Steven Spielberg den Roman "Jaws" von Peter Benchley. Film und Buch wurden Welterfolge – und sorgten für ein unheimliches Phänomen. Am 4. August kehrt Spielbergs Schocker in der Reihe Best-of-Cinema zurück ins Kino.

01. August 2025

Vor 50 Jahren löste Der Weiße Hai von Steven Spielberg ein unheimliches Phänomen aus. Zahlreiche Zuschauer*innen fanden den Film nicht nur spannend, sie verließen das Kino geradezu traumatisiert. Wer einen Strandurlaub geplant hatte oder schon am Urlaubsort weilte, überlegte es sich nach dem aufreibenden Horrorthriller zwei Mal, ob er tatsächlich einen Fuß ins Meer setzen würde.

Man spricht von einem "Der Weiße Hai-Effekt" oder "-Syndrom", so wie auch der "Bambi-Effekt" auf den gleichnamigen Disney-Film aus dem Jahr 1942 zurückgeht. Nicht nur für viele Kinder ist Bambi auf Grund seiner dramatischen Wendungen ebenfalls ein Thriller oder gar Horrorfilm. Als "Bambi-Effekt" wiederum bezeichnet man heute die Sympathie für Wesen, deren Niedlichkeitsfaktor ans Kindchen-Schema angelehnt ist. Der Hai, der dem Originaltitel Jaws entsprechend seinen Kiefer weit aufreißt, um einen arglosen Badenden nach dem anderen zu verschlingen, entspricht diesem Schema gerade nicht. Und genau das macht ihn zum perfekten Anti-Helden im Kino (beziehungsweise in der Literatur).

Heute ist längst bekannt, dass die Darstellung des Tiers als blutrünstiges Monster nicht viel mit der Realität zu tun hat – die Angst vor weißen Haien und anderen Haiarten, die dem Menschen gefährlich werden können, ist jedoch fest im kollektiven Unbewussten verankert, selbst bei Landeiern. So mag man Autor Peter Benchley und Regisseur Spielberg zugutehalten, dass ihre Inszenierung der Haiangriffe in Buch und Film genau dieser Furcht entspricht. Spielberg gelang noch ein anderes Kunststück: Er führte mit Der Weiße Hai eindringlich vor, welche Wirkung ein Kinofilm erzielen kann. Sogar als unterhaltsame Form der Medienkritik könnte man seine Darstellung der Bestie bezeichnen, da sie derart irrationale Reaktionen hervorrief – und zwar gleich massenweise.

Dabei fällt leicht unter den Tisch, dass die Geschichte auch ein Seitenhieb auf das Geschäft mit dem Tourismus ist und auf die unstillbare Gier mancher Menschen, sich auf Kosten anderer zu bereichern. Wenn man so will malt Der Weiße Hai die Umrisse eines unsichtbaren Monsters an die Wand, das dem "freien Markt" nicht unähnlich ist.

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Tatsächlich trägt die Geschichte von Der Weiße Hai die Marktgesetze in sich. Der Spielfilm entstand damals als perfektes Marketingprodukt im Einklang mit der Entwicklung des Romans von Peter Benchley aus dem Jahr 1974 zum Millionenseller. Aber Steven Spielberg ist es zu verdanken, dass sich der Film weit über seine Rolle als verkaufsfördernde Maßnahme erhebt. Seine Regie ist exzellent – und auch die Idee, den Showdown als eine Art Western auf dem Wasser anzulegen, hat die Zeit bestens überdauert. Zudem hauchte er den Figuren Seele ein, die sie in Benchleys Buch vermissen ließen. Der 2006 verstorbene Schriftsteller selbst haderte mit dem schlechten Ruf, den sein Roman und vor allem dessen Adaption den Haien weltweit vermeintlich eingebracht hat. Die letzten Jahre seines Lebens widmete er Sachbüchern über deren wahren Charakter.

Vielleicht ist es an der Zeit, dass das "Der Weiße Hai-Syndrom" im Kino oder in einer Serie ad absurdum geführt wird. So wie etwa der Bambi-Effekt durch die kochende Ratte im Meisterwerk Ratatouille. Ein Remake von Flipper mit einem netten und hilfsbereiten Weißen Hai in der Hauptrolle? Na, erst schauen wir noch mal das Original – und genießen dann (weiter) die Ferien. Denn wenn wir mit John Williams‘ Oscar-prämierten Score eines verbinden – abgesehen von den nervenaufreibendsten Szenen des Films natürlich –, dann sind es der Sommer und die Urlaubszeit.

Das Best-of-Cinema-Programm im ÜBERBLICK

WF

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