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Bingen statt Böllern mit ARTHAUS+

Alle Jahre wieder empfehlen wir Ihnen, der Böllerei zu entsagen, um sich lieber einem Feuerwerk der Filmkunst hinzugeben. Wir finden nämlich: Die freien Tage und diese einzigartige Stimmung kann man besser im Sofa vor dem Fernseher verbringen – wenn die richtigen Filme laufen. Das heißt ja nicht, dass sie nicht abends trotzdem auf die Silversterparty können …

31. Dezember 2025

Der Film für den melancholischen Rückblick auf das Leben: Past Lives

Das Jahresende ist ein Fest für melancholische Menschen: Man macht neue Vorsätze, realisiert, dass man die letzten nur so halb umgesetzt hat – und man schaut zurück auf die wichtigen Entscheidungen im Leben. In dieser Stimmung stellt Celine Songs wunderschönes Drama die richtigen Fragen: Ist ein Was-wäre-wenn-Rückblick wirklich sinnvoll? Verklären wir nicht die Vergangenheit und die Beziehungen, die sie prägten? Wie können wir erfühlen, ob eine Entscheidung im Rückblick richtig war? Past Lives erzählt dabei eine Geschichte, die Celine Song selbst so ähnlich erlebt hat: Nora und Hae Sung sind eng befreundet, als Nora noch in Seoul lebt. Vielleicht sind sie sogar verliebt ineinander – denn kurz bevor Noras Eltern mit ihr nach Toronto auswandern, halten die beiden zum ersten Mal Händchen. Als Nora während ihrer Studentenzeit in New York mit ihrer Identität ringt und sich nach koreanischer Gesellschaft sehnt, nehmen die beiden über das Internet wieder Kontakt auf, sprechen viel über Videochat und scheitern oft am Zeitunterschied und der schlechten Internet-Verbindung. 20 Jahre später beschließt Hae Sung, Nora in New York zu besuchen. Die ist mittlerweile glücklich mit dem Autoren Arthur verheiratet. Aber Hae Sung und sie haben eine besondere Verbindung – etwas, das man in Korea In-Yun, ungefähr übersetzt mit Schicksal, nennt. Bleibt nur die Frage, ob ihr In-Yun bedeutet, dass die beiden das Paar werden sollen, dass sie damals werden konnten. Hier finden Sie übrigens unser Interview mit der Regisseurin.

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Ein Film wie ein Feuerwerk: Sicario

Action geht immer – aber zu Silvester am besten. Manchmal braucht man eben Filme, die im wahrsten Wortsinn knallen und wie ein gutes Feuerwerk funktionieren. Denis Villeneuves Sicario ist dabei aber nicht nur Adrenalin, Tempo und harte Action. Er zeigt den unerbittlichen Kampf gegen den Drogenhandel und die organisierte Kriminalität, führt uns vor Augen, wie die dafür nötige Härte die Moral untergräbt und zeigt, dass einige Drogen kein Partyspaß sind, sondern eine Ware, mit der man sich das Blut vieler Menschen in die Nase jagt.

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Das bewegende Märchen für den grauen Silvesternachmittag: Das Kostbarste aller Güter

Wenn der Kater verklungen ist und das Wetter am Silvestertag mal wieder die Lust auf einen Spaziergang vergrätzt, braucht es Filme wie dieses bewegende, wunderschöne gezeichnete "Märchen über den Holocaust". Ein Begriff, den der Autor der Jugendroman-Vorlage Jean-Claude Grumbert übrigens selbst gewählt hat. Als wir den Regisseur Michel Hazanavicius im vergangen Jahr zum Interview trafen und fragten, wie er das fände, sagte er uns: "Viele fragten sich damals: Darf der das? Ich sage: Er darf das. Es ist seine Geschichte. Er hat immer über dieses Thema geschrieben. Sein Vater wurde deportiert und in Auschwitz getötet. Wenn es eine Person gibt, die ich diese Art von Geschichten zutraue, dann ihm." Das Wort "Märchen" sorgt im Kontext dieser Geschichte immer wieder für kurze Verwirrung – vielleicht weil wir es – trotz eines Aufwachsens mit den brutalen Grimm-Märchen – mit etwas eher Positivem verbinden. Aber tatsächlich beginnen Film und Buch in märchenhaftem Ton – mit dem Satz: "Es lebten einmal in einem großen Wald eine arme Holzfällersfrau und ein armer Holzfäller." Die Frau wünscht sich sehnlichst ein Kind, kann aber keine bekommen. Jeden Tag pilgert sie durch den Schnee und betet an einem täglich passierenden Zug, der lautstark durch den Wald schneidet, für ein Wunder. Genau das geschieht – aus ihrer Sicht: Eines Tages wird ein Säugling aus dem Zug geworfen. Es ist die Verzweiflungstat eines französischen Vaters, der in eben diesem Zug nach Auschwitz deportiert wird. Die Frau will das kleine Mädchen aufziehen – aber ihr Mann vermutet, es sei ein Kind der "Teuflischen". So haben sie es gelernt – dass in diesen Zügen der Feind lauert. Nach und nach weicht der märchenhafte Ton jedoch immer mehr in die harte Realität und wird auch in der Benennung der Dinge konkreter. Im letzten Drittel des Buchs liest man zum Beispiel Sätze wie diesen: "Der Güterzug, der von der Bürokratie des Todes die Bezeichnung Konvoi 49 erhalten hat und am 2. März 1943 am Bahnhof Bobigny bei Drancy an der Seine abgefahren ist, erreicht am Morgen des 5. März das Herz der Hölle, die Endstation."

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Die Serie für die ganze Familie: Families Like Ours - Nur mit euch

Die Klimakrise führt in dieser Serie des ehemaligen Dogma 95-Regisseurs Thomas Vinterberg in die Flüchtlingskrise. Im Fall des buchstäblich im Meer untergehenden Dänemarks sind es die Abgehängten der Wohlstandsgesellschaft, die ihren verlorenen Träumen hinterherziehen, während die Wohlbetuchten sich ihre Fluchtorte immerhin gezielt wählen können. Vinterberg rechnet nicht nur mit der realen Politik seines Heimatlandes ab, die sich durch Abschottung vor Migrant*innen auszeichnet. Er beweist auch ein feines dramaturgisches Händchen, mit Hilfe dessen er die Spannung permanent aufrechterhält. Wie es sich für eine gute Serie gehört, stehen die großen zur Debatte: Sind Familien Zufluchtsorte oder sind sie nicht der Grund, warum wir auch ohne Wirtschafts- und Naturkatastrophen ständig auf der Flucht sind? Eine Frage, die sich mach eine*r in den vergangenen Tagen noch mal neu gestellt haben dürfte. Am schönsten ist aber natürlich die Vorstellung, sich dieses zeitgemäße Stück Unterhaltungskultur mit gesellschaftlichem Mehrwert gemeinsam mit den Liebsten auf dem heimischen Sofa anzuschauen – während es draußen kracht.

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Ein Film, um die nostalgische Beziehung zur Gegenwart zu festigen: Trafic – Tati im Stoßverkehr

Es ist der fünfte und letzte abendfüllende Spielfilm von Jacques Tati mit dem von ihm verkörperten Monsieur Hulot als Hauptfigur. Die Reise Monsieur Hulots zur Automesse samt ihrem beiläufigen Porträt einer Branche sowie von deren alles dominierendem Blech-Fetisch und der dazu passenden Zielgruppe, dieser Trip entlang den Dogmen der industriellen Mobilität schlechthin, ist trotz deines Baujahrs 1971 sowohl ein immer noch gültiger Kommentar auf Fabrikation und Finanzierung der Fortbewegung zu Lasten der Umwelt als auch – was heute gerne vergessen wird – auf dem Rücken der mitunter im Akkord an diesem Phänomen arbeitenden Menschen. Noch dazu gelingt Jacques Tati eine Hommage an dieses wundervolle Ding namens Auto, das uns alle auf gewisse Weise bewegt – ob mit Verbrenner- oder E-Motor oder schlicht als Dorn im Auge der Hoffnung auf eine Kehrtwende in der Klimapolitik. Natürlich möchten wir alle glauben, dass der phantastische Film sein Sujet letztendlich überleben wird. Aber jetzt erst mal: Frohes Neues!

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DK / WF

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