Detailsuche

Bild zu Die Wege des Herrn: Dänen lügen nicht

Die Wege des Herrn: Dänen lügen nicht

Kann Bingewachting Sünde sein? Jetzt zwei Staffeln der mehrfach ausgezeichneten dänischen Serie um einen Priester und seine weltlichen Probleme auf ARTHAUS+ schauen.

30. April 2024

Die Wege des Herrn mögen unergründlich sein, aber umgekehrt kann er sich auf einige Dinge im Umgang mit den Menschen unumstößlich verlassen. Eine davon ist die Binse "Dänen lügen nicht", die wir einerseits natürlich dem ostfriesischen Klamauk-Giganten Otto Waalkes und seiner Abwandlung eines Schlagers von Michael Holm zu verdanken haben – aber andererseits dänischen Arthouse-Koryphäen wie Lars von Trier, Thomas Vinterberg sowie einigen weiteren ursprünglichen Dogma-tikern, die auf Grundlage des Dogme 95-Manifests ein authentisches Kino schaffen wollten – ohne die von ihnen vorausgesetzte Verlogenheit einer Hollywood-Produktion. Seriously. Diese Hohepriester des wahrhaftigen Films sind bis heute auf der Suche nach dem heiligen Gral des echten, unter die Haut gehenden Kinos, wenn sie sich auch nicht mehr an die eigenen Gebote von damals halten mögen. Eine zeitgemäße Auseinandersetzung mit den biblischen Geboten und deren Alltagstauglichkeit ist die dänische Serie Die Wege des Herrn. Folge für Folge göttliche Ansprüche vs menschliche Abgründe – und das Ganze in einem Milieu, das die Fantasie des säkularen Publikums seit jeher triggert, auch wenn es die Evangelen nicht ganz so mystisch halten mit dem Glauben wie die Katholiken.

Video kann aufgrund der gewählten Cookie-Einstellungen nicht gezeigt werden.

Nein, Dänen lügen wirklich nicht, wenn es um Glaubensfragen geht – und sie verstehen da auch selten Spaß. Jüngst thematisierte der isländische Regisseur Hlynur Pálmason in seinem Drama Godland die tiefe Durchdringung der dänischen Geschichte und Kultur von der protestantischen Ethik – die man als Isländer*in jahrzehntelang auch in Form einer strengen Fremdherrschaft durch die Dänen zu spüren bekam. Es mag wie der Anfang eines schlechten Witzes klingen – kommt ein Däne auf die Insel … – doch in Godland entzündet sich am Bau einer neuen Kirche auf Island durch den aus Dänemark stammenden Priester die ganze schwierige Beziehung zwischen den beiden Ländern. Das Große im Kleinen zu sehen – könnte das nicht wiederum eine sehr religiöse Herangehensweise an die weltlichen Probleme sein? Aus der nicht nur in Dänemark äußerst erfolgreichen Serie Die Wege des Herrn lernen wir, dass solche Fragestellungen und ihre für uns Menschen oft schwer zu findenden Antworten stets miteinander verknüpft sind – auch wenn in manchen Teilen der Erde die Leute schon weitaus mehr Zeit mit dem Bingen von Serien verbringen als mit dem Aufsagen von Gebeten.

Video kann aufgrund der gewählten Cookie-Einstellungen nicht gezeigt werden.

Umso schöner, dass sich eine moderne Geschichte wie Die Wege des Herrn mit den diesseitigen Sorgen und Ambitionen von protestantischen Geistlichen beschäftigt, während wir die Welt da draußen beim Seriengucken auf dem Sofa mal eben vergessen können. Wobei sie uns die sogenannte Realität in den jeweils 10 Episoden der ersten und zweiten Staffel mit großem Hallo - oder "Hej!", wie die Dänen ungelogen sagen würden – entgegenspringt. Ein Vater mit zwei Söhnen, die ihre liebe Müh' haben, in seine Fußstapfen zu treten, davon einer der Liebling, der andere das Sorgenkind. Zwischen den beruflichen Ambitionen auf den Job als Bischof von Kopenhagen und der Ausbildung zweier Söhne, wie sie im Buche stehen (wobei wir natürlich wissen, dass biblische Vater-und-Sohn beziehungsweise Brüdergeschichten nicht unbedingt ein Happy End haben), steht noch die treu sorgende Ehefrau. Fertig ist das Familiendrama, dem die spirituelle Note den letzten Schliff verleiht. Dazu ein großartiges Ensemble mit dänischen Stars wie Lars Mikkelsen und Ann Eleonora Jørgensen. Wir wissen ja: Gott sieht alles. Und diese großartige Serie dürfen auch wir uns nicht entgehen lassen.

WF

Dazu in unserem Magazin

Arthaus Stores

Social Media