Mel Brooks hat ein biblisches Alter erreicht – am Samstag feierte er seinen 99. Geburtstag. Und womöglich ist er der einzige Mensch, dem es gelingen könnte, eine Parodie auf den Monty Python-Bibelverfilmungs-Klassiker Das Leben des Brian zu drehen, die komischer wäre als das Original. Warum? Brooks hat sich im Laufe seiner Hollywood-Karriere auf Parodien spezialisiert und beschäftigte sich wie die britischen Comedy-Kollegen explizit mit der Menschheitsgeschichte, siehe The History of the World, Part 1. Nicht zuletzt wäre es spannend zu sehen, wie sich Brooks‘ jüdischer Humor zur anglikanischen Exegese der Heiligen Schrift verhält.
Wer weiß … Zumindest ist der Fast-Hundertjährige quietschfidel und kündigte erst kürzlich eine Fortsetzung seines 1980er-Jahre-Hits Spaceballs an. Mit der Science-Fiction-Satire um den Weltall-Freibeuter Lone Starr, seinen hündischen Ko-Piloten Barf, die rebellische Prinzessin Vespa und den cholerischen Lord Helmet stellte Autor, Regisseur, Produzent und Darsteller Brooks damals ganz nebenbei seine visionäre Kraft unter Beweis. Die Mechanismen des Systems Hollywood, mit dem er sich kongenial auseinandersetzt, hat er bis ins letzte Detail durchschaut. Schon in seinem Debüt The Producers – Frühling für Hitler aus dem Jahr 1968 warf er einen bösen Blick in die Hinterzimmer des Showbusiness und landete trotz oder gerade deswegen einen Überraschungserfolg.
Ein Broadway-Musical, das Hitler verherrlicht und als kalkulierter Misserfolg auf Grund des überwältigenden Publikumszuspruchs zum Problem für die Macher wird – mit Punchlines wie »Be a smartie, join the Nazi Party«? Schon die Idee dieser Idee klingt absurd und sowohl fiktional als auch real nicht umsetzbar. Aber letztlich brachte der Film Brooks sogar eine Oscar-Nominierung ein – und wir lieben bis heute jede einzelne Szene, aber am meisten den Auftritt der Konziääääärsch.
The Producers – Frühling für Hitler hat viele Geschichten hervorgebracht, die von der Absurdität des Lebens/Geschäfts zeugen. Gene Wilder, der auch in weiteren Filmen Mel Brooks‘ tragende Rollen spielte, erklärte einige Jahre vor seinem Tod, warum der ursprüngliche Titel Springtime for Hitler geändert werden musste. Geldgeber Joseph E. Levine intervenierte, weil Juden sich davon beleidigt fühlen könnten. Als sich dann ein gewisser Peter Sellers nach dem Pre-Screening begeistert zeigte und wissen wollte, warum der Film nicht so heißen dürfe, lenkte der Finanzier ein. Allerdings wollte Mel Brooks eine Woche vor Kinostart nicht sämtliche Werbemittel in die Tonne treten – so blieb es bei The Producers.
Gene Wilder und Zero Mostel: Im Hinterzimmer des Showbusiness © Studiocanal
In Schweden orientierte man sich umso eindringlicher an der eigentlichen Titelwahl: Dort verwandelte man die Mel Brooks-Filme sämtlich zur Springtime-Reihe: Blazing Saddles, in Deutschland als Der wilde, wilde Westen bekannt, wurde zu Springtime For The Sheriff. The History Of The World, Part I, der hier Die verrückte Geschichte der Welt heißt, kennt man in Schweden als Springtime For The History Of The World. Und so weiter. Womit Mel Brooks‘ eigener Humor gut beschrieben und getroffen wäre.
Für die Schweden heißt es demnächst also voraussichtlich Springtime for Spaceballs 2. Mit dem ersten Teil nahm Brooks damals den grassierenden Star Wars-Kult aufs Korn und antizipierte außerdem den mittlerweile herrschenden Star Wars-Overkill. Wie immer riss er an einem bestimmten Punkt die Kulissen ein und ließ die Figuren Tacheles reden (unschlagbar etwa die Idee, dass man Filme bereits in Videotheken ausleihen kann, bevor sie fertig sind, sodass das Spaceballs-Ensemble im Lauf der Handlung schon den fertigen Film begutachten kann).
Während Spaceballs 1987 auch seine eigene Fortsetzung vorwegnahm, braucht die aktuelle Ankündigung des neuen Films nicht groß zu übertreiben, um den Sequel-, Prequel- und Spin-Off-Wahn Hollywoods zu persiflieren. Eine Industrie veralbern, die sich mittlerweile – mal bewusst, mal unbewusst – selbst parodiert? Es ist nicht mehr allzu vielen Hollywood-Akteuren zuzutrauen, daraus einen komischen Film zu stricken. Wir hoffen inständig, dass Mel Brooks die Vollendung dieses Werks, auf das keiner gewartet hat und mit dem noch weniger gerechnet haben, selbst erleben darf. Seinen hundertsten Geburtstag möchten wir mit dem Genie im Kino feiern. Brooks wurde längst mit den wichtigsten Preisen der Branche bedacht. Aber das schönste Geschenk ist doch das Lachen des Publikums, das von Herzen kommt.
WF