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Das Leben ein Tanz: Für Élise

Diesen Film widmet Cédric Klapisch seiner Hauptfigur, wunderbar gespielt von Marion Barbeau. Eine junge Balletttänzerin geht ihren Weg – nicht immer auf Zehenspitzen … Ab dem 8.9.22 im Kino!

01. September 2022

Tanzen als Akt der Befreiung und als Möglichkeit, dem Alltag zu entfliehen – das kennen vermutlich alle, die auf dem Dancefloor mal die Zeit vergessen haben. Dabei ist den meisten auch klar, dass Tanz richtig harte Arbeit sein kann, professionell betrieben und mit viel Disziplin erlernt. Das gilt insbesondere fürs klassische Ballett, eine Art der körperlichen Ertüchtigung, die auf den ersten Blick wenig Freude verspricht. Auch die Geschichten dahinter – ambitionierte Eltern, strenge Lehrer:innen, harter Konkurrenzkampf um die Solo-Parts in den entsprechenden Stücken – sind kein Geheimnis. All das und noch viel mehr kommt zusammen in Cédric Klapischs neuem Film Das Leben ein Tanz.

Leidenschaft und Disziplin und die Bretter, die die Welt bedeuten © Studiocanal GmbH/ Emmanuelle Jacobson-Roques

Leidenschaft und Disziplin und die Bretter, die die Welt bedeuten © Studiocanal GmbH/ Emmanuelle Jacobson-Roques

Cédric Klapisch wird von einem breiten Publikum für das Aufgreifen gesellschaftlich relevanter Themen geschätzt, die er stets in unterhaltsames Kino zu verwandeln weiß. Wie zwei Stunden Discofox am Stück kann es uns ebenfalls in eine Parallelwelt entführen, in der wir mal abschalten und unterschwellig das Programm verarbeiten, das uns täglich am Laufen hält.

Wenn wir Klapischs Filme als Träume betrachten (und alle Filme sind irgendwie Träume), dann sind es solche, an die wir uns gerne erinnern. Wenn man sie mit einem Tanz vergleichen möchte (und alle Filme sind irgendwie Tänze), dann mit einem, der sehr leicht und beschwingt rüberkommt, dabei einer ganz bestimmten Linie folgt, seine intensiven Momente in den beständigen Fluss der Bewegung lässig integriert, etwa wie ein Walzer, wobei der Regisseur uns ab und zu mal auf die Füße tritt, damit wir das wahre Leben hinter der Kunst nicht vergessen.

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Klapischs Hits wie L’Auberge espagnole – Die Trilogie, deren erster Teil 2002 den internationalen Durchbruch für ihn als Regisseur bedeutete, und wie zuletzt Der Wein und der Wind oder Einsam Zweisam leben von den Konflikten, die sich um Arbeit, Familie und Liebe entspinnen. Everyday people, everyday life. Dabei geht er mal mehr, mal weniger in die Tiefe, doch wird bei Klapisch nie ausgeklammert, in welcher Gesellschaft wir leben. Ob es um grenzüberschreitende Forschungen auch der zwischenmenschlichen Art, die Wahrheit aus dem Geist des Weines oder die Realität des Alleinseins unter sehr vielen Menschen geht – Klapisch rührt mit seinen Geschichten ans Herz und appelliert gleichzeitig an den Verstand. Dabei kooperiert er stets mit sehr gegenwärtigen Künstler:innen, in diesem Fall dem Chroeografen Hofesh Shechter, der sich selbst spielt und Ex-Daft-Punk Thomas Bangalter, der am Score mittüftelte.

Nie tanzt man so ganz für sich allein im Leben © Studiocanal GmbH/ Emmanuelle Jacobson-Roques

Nie tanzt man so ganz für sich allein im Leben © Studiocanal GmbH/ Emmanuelle Jacobson-Roques

Das Leben ein Tanz nimmt eine Figur besonders ernst – er wurde sozusagen für Élise komponiert. Und die Handlung wird getragen von der exzellenten Hauptdarstellerin Marion Barbeau. Sie spielt die junge Balletttänzerin Élise, der dank ihres ausgefeilten Talents (und wie es an einer Stelle des Film heißt, auch wegen ihres Aussehens) die Bühnen der Welt offen zu stehen scheinen. Aber ein banaler Liebeskummer macht ihr einen Strich durch die Rechnung. Wobei das Verhältnis von Körper und Seele ganz vortrefflich in der Waage gehalten wird, als sie während einer Ballettaufführung mitbekommt, dass ihr Freund mit einer anderen rummacht. Klapisch stellt in dieser ersten hochspannenden Tanzpassage – von sehr vielen sehenswerten Tanzpassagen – auch die Frage, was in der Kunst mit unseren Emotionen passiert. Macht das gerade Erlebte Élise und ihre Performance stärker oder schwächer?

Welche Weisheit mag Josiane Élise hier mit auf den Weg geben? © Studiocanal GmbH/ Emmanuelle Jacobson-Roques

Welche Weisheit mag Josiane Élise hier mit auf den Weg geben? © Studiocanal GmbH/ Emmanuelle Jacobson-Roques

Diese Frage wird auch im Lauf von Das Leben ein Tanz – das hervorragende Ensemble mit Stars wie François Civil, Muriel Robin und Pio Marmaï sorgt überigens dafür, dass es kein Solo für Élise wird – nie erschöpfend beantwortet. Das macht den Film bei aller Lockerheit und angesichts der nachvollziehbaren Entwicklung der Heldin hin zur neuen Liebe vor allem so interessant. Elise findet Erfüllung im modernen Tanz und verliebt sich in einen modernen Tänzer. Selbst ihren Vater, für den Tanz keine intellektuelle Betätigung darstellt, kann sie durch die Dringlichkeit ihres Tuns von dessen Relevanz überzeugen. Alles happy oder was? Nun ja, ob ihr Fuß in Zukunft wirklich hält, ob die Liebe tatsächlich bleibt, ob das Ballett mit seiner Bodenhaftung dem modernen Tanzen nicht auch etwas voraushat, wird sich für Elise erst noch zeigen.

WF

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