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130 Jahre Kino: Selfmademan Quentin Tarantino

Seine Erfolgsgeschichte begann nicht in der Schule, aber Filme wie Reservoir Dogs – Wilde Hunde, Kill Bill: Volume 1, Kill Bill: Volume 2 oder Jackie Brown sind Lehrbeispiele für die Liebe zum Kino.

16. Dezember 2025

Eine Filmhochschule hat Quentin Tarantino nie besucht, sein Campus war die Videothek. Die Filme, die dort über die Theke gingen, dienten ihm als Lehrmittel. Der 1963 in Knoxville, Tennessee geborene Filmenthusiast fand den Weg hinter die Leinwand und auf den Regiestuhl, indem er unzählige Filmszenen studierte, um sie später mit eigenen Ideen zu kreuzen. Schon Tarantinos furioses Debüt Reservoir Dogs – Wilde Hunde (1992) schien eine halbe Filmsozialisation und zugleich eine Vision der Zukunft zu enthalten. Seine Karriere bis heute ist ein wilder Ritt durch so ziemlich alles, was das Kino seit 130 Jahren zu bieten hat.

Quentin Tarantinos Kenntnis von Martial-Arts-Filmen und B-Movies ist längst Material für den filmhistorischen Anschauungsunterricht. Als Filmjunkie erlangte er jenes Wissen, das ihn Anfang der 1990er Jahre zu einem der aufregendsten Drehbuchautoren und Regisseure machte. Die Zitate etwa, die in seinem Debüt steckten, wie die Namen der Gangster, die er aus dem 1970er-Jahre-Film Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123 entnommen hatte, inspirierte eine heranwachsende Generation von Cineasten. Für manche Fans stellte sich der Wiedererkennungswert in umgekehrter Reihenfolge ein, da sie erst dank Tarantino das Original entdeckten.

"Muse" Uma Thurman © Studiocanal

"Muse" Uma Thurman © Studiocanal

Bei aller Liebe zum Recycling – Quentin Tarantino ist ein Original. Mit Knalleffekt. Der Hype um den Selfmademan brach los, und dann kam Pulp Fiction (1994). Sein Signature Movie lief erstmals bei den Filmfestspielen in Cannes, wo er mit der Goldenen Palme ausgezeichnet wurde. Im Rahmen der Oscar®-Verleihung 1995 mit Nominierungen überhäuft, gewann er schließlich den Preis für das von ihm persönlich verfasste Beste Drehbuch. Aber viel wichtiger: Das Publikum verliebte sich gleich in Tarantinos unverwechselbaren Stil – mit langen Dialogen als Spannungselement, der nicht chronologischen Erzählweise sowie den erlesenen Soundtracks, aus dem damals das Neil Diamond-Cover "Girl, You'll Be A Woman Soon" herausragte.

In two shakes of a lambs' tail war Tarantino überall. Seine Drehbücher zu Natural Born Killers und True Romance wurden von den Kollegen Oliver Stone und Tony Scott verfilmt. Auch körperlich trat er in Erscheinung, übernahm 1996 die Rolle des cholerischen Richard Gecko im Vampirfilm From Dusk Till Dawn (1996), an dessen Skript er selbstverständlich mitgewirkt hatte. Regie führte sein Freund Robert Rodriguez, mit dem Tarantino den Episodenfilm Four Rooms (1995) verwirklicht hatte und mit dem er auch bei Sin City und Machete kooperierte.

Jackie Brown widmete Tarantino dem Blaxploitation-Genre der 1970er Jahre, die Hommage bescherte ihm 1998 den Goldenen Bären der Berlinale. Kill Bill: Volume 1 (2003) und Kill Bill: Volume 2 (2004) vermählten Martial-Arts- mit Italowestern-Einflüssen. Für Death Proof – Todsicher (2007) legte er selbst Hand an die Kamera, in seinem Post-Neo-Western The Hateful Eight (2015), für dessen Score er Altmeister Ennio Morricone engagierte, der prompt mit dem Oscar® für die Beste Filmmusik geehrt wurde, ist der Regisseur auch als Erzähler zu vernehmen. Tarantino kann und macht einfach alles – Zurückhaltung ist seine Sache nicht. In Once Upon A Time In Hollywood (2019) stellte er gar die Historie auf den Kopf und verlieh dem Begriff Revenge-Movie eine ganz neue blutige Bedeutung.

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Der Erfolg gibt ihm Recht: 2013 brachte ihm das Drehbuch zu Django Unchained (2012) den zweiten eigenen Oscar® ein. Christoph Waltz, bereits für seine Rolle des sadistischen Hans Landa in Inglourious Basterds (2009) als Bester Nebendarsteller ausgezeichnet, erhielt den gleichen Award für seine Rolle als Dr. King Schultz.

In solchen Fällen zahlt es sich aus, dass Quentin Tarantino die wiederkehrende Zusammenarbeit mit einer Handvoll Schauspieler*innen pflegt – an erster Stelle muss seine "Muse" Uma Thurman genannt werden. Andere Stars wie Harvey Keitel, Lucy Liu, John Travolta oder Samuel L. Jackson sind mittlerweile fest mit dem Namen Quentin Tarantino verbunden. Filmgeschichtliche Referenzen, stylische Retroelemente und eine ausgeprägte Leidenschaft zu eklektischen musikalischen Bezügen mögen seit jeher den Look and Feel von dessen Filmen prägen – aber erst das kongeniale Ensemble verleiht Tarantinos Geschichten ihre unvergessliche Gestalt.

WF

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