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La Dolce Vita – Das süße Leben kommt wieder ins Kino

Ein Klassiker. Ein Bilderrausch. Eine schillerndes, böses Gesellschaftsporträt. All das ist La Dolce Vita – Das süße Leben vom großen Federico Fellini, der ab dieser Woche wieder in deutschen Kinos zu sehen ist.

News/Neu erschienen 11. Juli 2022

Fellinis Meisterwerk – ok, eines davon – ist und bleibt La Dolce Vita – Das süße Leben, das 1960 ebenso Skandal wie Kassenschlager war. Einmal, so erzählte Fellini, sei er an einer Kirche vorbei gegangen, an deren Tür ein Schild mit den Worten stand: "Betet für die Errettung der Seele des öffentlichen Sünders Federico Fellini." Die Seitenhiebe auf die Kirche, der bitterbös entlarvende, doch stets komische Blick auf die feine Gesellschaft und die Politik Roms in den Fünfzigern, waren für ebenjene anscheinend zu viel. Der Film ist auch mit Blick auf Fellinis Biografie und die Vermischung jener mit der Fiktion eine interessante Wegmarke. Denn hier castete Fellini zum ersten Mal jenen Schauspieler, der bis zuletzt Fellinis Alter Ego auf der Leinwand sein sollte. Marcello Mastroianni, der nur von Anita Ekberg überstrahlt wird. Die Sache mit der Kirche hat übrigens noch eine wundervolle Pointe: Papst Franziskus habe laut der Zeitung "Il Messaggero" angeblich Jahre später La Dolce Vita als seinen liebsten Fellini-Film genannt.

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Der Name, eine Fabel

Wie groß der kulturelle Impact dieses Films und auch die anhaltende Verehrung für La Dolce Vita sind, kann man an vielen Dingen festmachen. Zum Beispiel an der Tatsache, dass Fellini damit der Welt ein Wort geschenkt hat, das wohl schon jeder einmal gehört hat: "Paparazzo" nämlich. So hieß einer der aufdringlichen, skrupellosen Fotografen im Film. Danach etablierte sich der Name für diese besondere Art von Pressefotografen, die gerne Prominenten auflauern. Auch die touristische Begeisterung für Rom wird gerne auf Fellinis Bilderrausch zurückgeführt, der die Via Veneto und den Trevi-Brunnen zum neuen Tourie-Hot-Spot und später zum Reichentreff machte. Und dann war da noch der Titel selbst: La Dolce Vita steht bis heute für eine Illusion, ein Lebensgefühl, dem viele Menschen nachspüren und es doch oft nur simulieren können. In einem tollen Interview erklärte der Gallerist Enrico Todi, der einst Sekretär und ein guter Freund von Marcello Mastroianni war: "Wenn die Leute dolce vita hören, denken Sie immer, dass das eine Zeit der Orgien war, dass es nur darum ging, miteinander ins Bett zu gehen. Das stimmt so aber nicht. Nach dem zweiten Weltkrieg herrschte in Italien großes Elend. Ganze Städte waren zerstört und mussten wieder aufgebaut werden. Rom gehörte nicht dazu, Rom war nicht bombardiert worden, aber es fehlte auch hier an allem. Mit der Ankunft der Amerikaner änderte sich das Leben von traurig zu 'dolce', es wurde süß. Wir begannen auszugehen, italienische Mädchen trafen sich mit amerikanischen Jungs. In dieser Zeit gab es viele Liebesgeschichten zwischen Amerikanern und Italienern. Wir fingen an zu leben. Wir tanzten, hörten Musik … Das war das dolce vita. Die Leute kamen Schritt für Schritt aus der Angst und der Restriktion heraus und kehrten zu einem normalen Leben zurück. Der Name, diese Fabel, kam später durch den Film von Federico Fellini, La dolce vita. Er hat diesen großen Namen kreiert. "

© Arthaus / Studiocanal

© Arthaus / Studiocanal

Bilderrausch und Gesellschaftssatire

Ab diesen Mittwoch kann man in deutschen Kinos wieder die restaurierte Version dieses Klassikers erleben. Ein Bilderrausch, wie ihn das Kino nur in seinen besten Momenten erschaffen kann. Aber auch eine böse Gesellschaftssatire, in der Boulevard-Journalist und Lebemann Marcello (Marcello Mastroianni) vom Leben der Reichen und Schönen zugleich betört und angewidert ist. Eine Empfindung, die man mit Blick auf die Promiklatsch-Schlagzeilen dieser Welt, auch heute noch nachfühlen kann. Fellini gelingt dabei das Kunststück, den Glanz dieser Welt und ihrer schillernden Figuren (Anita Ekberg als Schauspielerin Sylvia) einerseits einzufangen und zugleich zu sabotieren. Seine Szenen, seine Dialoge, selbst seine Kameraperspektiven entlarven den Glamour immer wieder und zernagen ihn mit einer dezenten Verachtung. So hat La Dolce Vita – Das süße Leben auch gut 62 Jahre nach Erscheinen nichts an Glamour, Relevanz und Strahlkraft verloren.

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