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Robby, Jim und Wim: Wie Robby Müller mit Wenders und Jarmusch das Kino prägte

Am 4. April wäre der Kameramann Robby Müller 85 Jahre alt geworden. Seine Ästhetik, sein Spiel mit Licht und Perspektiven und seine Kameraführung prägten viele Filme von Jim Jarmusch und Wim Wenders.

04. April 2025

Als der niederländische Kameramann Robby Müller am 3. Juli 2018 im Alter von 78 Jahren in Amsterdam verstarb, schrieb ihm sein ehemaliger Wegbegleiter Wim Wenders sehr bewegende und treffende Zeilen. In dem kurzen Text, der wie ein Brief an Mülller formuliert war, heißt es: "Für eine Handvoll Filmemacher, von denen ich einer war, warst Du der wichtigste Wegbegleiter, für Hans W., Jim, Lars, Steve. Und Du warst ein Vorbild für eine ganze Generation von jungen Kameramännern."

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Die genannten Filmemacher, für die Müller "der wichtigste Wegbegleiter" war, sind neben Wenders (Summer In The City, Die Angst des Tormanns beim Elfmeter, Der scharlachrote Buchstabe, Alice in den Städten, Falsche Bewegung, Im Lauf der Zeit, Der amerikanische Freund, Paris, Texas, Yamamoto – Aufzeichnungen zu Kleidern und Städten, Bis ans Ende der Welt, Jenseits der Wolken, Buena Vista Social Club) natürlich Hans W. Geißendörfer (Der Fall Lena Christ, Jonathan, Carlos, Die Wildente, Die gläserne Zelle), Jim Jarmusch (Down By Law, Mystery Train, Dead Man, Ghost Dog – Der Weg des Samurai, Coffee and Cigarettes), Lars von Trier (Breaking The Waves, Dancer In The Dark) und Steve McQueen (Carib’s Leap und der Kurzfilm Ashes).

All diese Regisseure waren nicht nur von Robby Müllers Arbeit begeistert, die großen Anteil daran hat, dass viele der genannten Filme heute geradezu Kultstatus haben – Wim, Jim, Lars und Steve schätzten ihn auch als Freund und Inspiration. Jim Jarmusch sagte bei einem Q&A nach einer Vorführung von Dead Man in Rahmen einer Retrospektive in New York über Müller: "Ich habe von diesem Mann soviel gelernt. Nicht nur über das Filmemachen, sondern auch über das Leben an sich, über Licht, über Recording-Prozesse, über die Fähigkeit, die Essenz eines Moments mit der Kamera einzufangen – und darüber, seinen Instinkten zu vertrauen."

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Wim Wenders erinnert sich in seinem Abschiedsbrief vor allem an den Moment, als er Robby Müller kennenlernte und regelrecht beeindruckt war von dessen Coolness: "Ziemlich genau 50 Jahre ist das her, dass wir uns kennengelernt haben. Du warst Assistent des legendären holländischen Chefkameramanns Gerard Vandenberg, und ich noch Filmstudent, der das Glück hatte, eine kleine Rolle in dem Film spielen zu dürfen, den Ihr damals in München gedreht habt: Liebe und so weiter. Ich war sehr beeindruckt von Dir, diesem supercoolen Typen, der mit einer Hand Schärfe ziehen und mit der anderen in seiner Hosentasche eine Zigarette drehen konnte. Bald darauf haben wir unseren ersten gemeinsamen Kurzfilm gemacht: Alabama. Lang ist das her…"

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In den Nachrufen sowie bei diversen Ausstellungen oder Retrospektiven wurde immer wieder Robby Müllers Einsatz von Licht im Film als Markenzeichen hervorgehoben. Eine Ausstellung hieß gar "Meister des Lichts". Müller versuchte zwar wirklich, so oft es ging, mit natürlichem Licht zu arbeiten, der unverkennbare Müller-Style ergab sich aber auch aus der Verbindung mit der stets beweglichen Kamera und einer Farbdramaturgie, die sich dem Thema des Filmes oder der einzelnen Szene anpasste.

Wim Wenders sagte einmal über Müller: "Robby fand immer das richtige Licht." Oder auch: "Wenn im Skript steht, dass am Drehtag die Sonne scheint, es aber regnet, würden die meisten Kameraleute den Dreh verschieben. Robby hätte dagegen versucht, den Regen und den bewölkten Himmel in die Geschichte einzuarbeiten."

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Wer die rohe Essenz des Robby Müllers erleben will, sollte sich vielleicht am ehesten den wundervollen Alice in den Städten oder Down By Law anschauen. Diese Filme strahlen durch die von ihm geprägte Ästhetik auf eine Weise, die man im modernen Kino kaum noch sieht. Dennoch lohnt es sich auch, Dancer In The Dark noch einmal zu schauen, wo Müller sozusagen die visuelle Gegenthese zu den erstgenannten Filmen lieferte und Björk mit über hundert Digitalkameras in einer Fabrikhalle überirdisch strahlen und tanzen ließ. Das konnte er also auch – wenn er es denn wollte.

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Wenn man heute jungen Menschen die Jarmusch- oder Wenders-Filme zeigt, die mit Robby Müller entstanden, kann es schon mal passieren, dass jemand diese Ästhetik für unsauber hält – vermutlich, weil sie ein krasser Kontrast zum ultraklaren, digital gefilmten Look moderner TV-Serien und Filme ist. Als Robbie Müller in einem Interview für eine Publikation im Herbert von Halem Verlag einmal darauf angesprochen wurde, lieferte er uns über Bande gespielt den perfekten Abschluss für diesen Text: "Das mag im Film aussehen wie ein Unvermögen, manche Leute sagen dann ‚Na hätte er ja besser machen können‘, aber ich habe gerade das gemeint und es bewusst so gemacht. Ich finde es viel schöner, nicht laut zu werden. Am liebsten nehme ich den Zuschauer mit in einen Traum und bring ihn wieder zurück, bevor er überhaupt gemerkt hat, dass er geträumt hat."

DK

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