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130 Jahre Kino: Wie die Liebe begann – und wohin sie führt

Am 1. November feiert das Kino Geburtstag. Unser Autor verbindet das Datum mit persönlichen Erinnerungen und einer Liebeserklärung.

23. Oktober 2025

Wenn wir dieser Tage das 130-jährige Jubiläum des Kinos feiern, dann dürften viele von uns persönliche Erinnerungen hervorkramen. Denn das Kino existiert ja nicht nur als Überbegriff der Filmgeschichte. Das Kino ist ein Phänomen, das eine Filmphilosophin mit dem Geist der Aufklärung in Verbindung brachte, indem sie es als Ort definierte, an dem Licht ins Dunkel fällt. Das hätte selbst Voltaire einleuchtend gefunden, hätte er bloß die Möglichkeit gehabt, sagen wir den cineastischen Meilenstein Außer Atem von Jean-Luc Godard mit einem Eimer Popcorn in der Hand zu sehen.

Man nimmt das Kino mit nach Hause

Aber das Kino leistet mehr als Aufklärung. So erzeugt es seit der ersten Vorstellung am 1. November 1895 im Berliner Varieté "Wintergarten" zugleich beständig neue Mythen. Die Gebrüder Skladanowsky läuteten mit ihrem 15-minütigen Programm "lebender Photographien" nichts Geringeres ein als eine permanente kulturelle Revolution der bewegten Bilder (dazu sei auch der nach den Pionieren benannte Film von Wim Wenders ans Herz gelegt). Technisch, architektonisch, inhaltlich hat sich seither viel getan, und das wird in Zukunft so bleiben, doch in der Bewegung nach vorne gibt es ein im kulturellen Gedächtnis verankertes, bewahrendes Moment. Die Ära des Stummfilms ist längst vorbei und dennoch integraler Bestandteil dessen, was wir unter Kino verstehen. Und das in einer Zeit, in der immersives Sounddesign für viele Filmfans kein reiner Fachjargon mehr ist.

Es gibt Leute, die mögen argumentieren, dass sich Kinos seit der "Wintergarten"-Sache auch als Event-Spots stark gewandelt haben – von bloßen Filmvorführorten zu multifunktionalen Kultur-Locations. Aber wer an die eigene Kindheit und die ersten Kinobesuche zurückdenkt, könnte sich ohne Umschweife in jener magischen Welt wiederfinden, als die einem das Kino wenigstens damals erschien. Für viele geht der Reiz des Kinos auch im Erwachsenenalter nicht verloren. Multifunktional war das Kino nach diesem Verständnis also schon immer: Darin wird stets eine (Film-)Geschichte erzählt und die eigene (Lebens-)Geschichte dadurch bereichert. Von so schönen Dingen wie ersten Küssen in der letzten Reihe mal ganz abgesehen. Was der große Aufklärer Voltaire alles verpasst hat!

Ob Typ Mitte Mitte oder Erste Reihe, ob Typ Arthouse-Theater oder Blockbuster-Tempel – das Kino ist ein Ort, den man einmal betritt und beim Verlassen für immer mit nach Hause nimmt.

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Im Kino gibt es bestimmte Rituale, an denen man sich nach Feierabend festhalten kann, während man sich gleichzeitig in der Illusion einer fiktionalen Handlung verliert. Das Paradox zwischen Eskapismus und Welthaltigkeit des Ins-Kino-Gehens ist nicht auflösbar, das kollektive Filmerlebnis in einem Saal mit guten Freunden, geliebten Menschen und völlig fremden Personen gehört zum magischen Element, das auf eine sinnliche Weise mit dem Geschmack von Eiskonfekt oder Nachos mit Käse verbunden ist. Like wer noch die Zeiten der Raucherlogen miterleben durfte. Wer hatte mal ein Date im Autokino oder hat den ersten Hype um 3-D-Filme schon mitgemacht? So mancher von uns kann die eigene Lebensgeschichte anhand der Kinogeschichte Revue passieren lassen.

"Welchen Film wollen wir heute abend gucken?"

Für den Autor dieser Zeilen begann das Kino-Leben mit E.T. -Der Außerirdische und jeweils Sturzbächen von Tränen bei der Abschiedsszene in zwei Vorstellungen an zwei aufeinanderfolgenden Tagen, einmal mit Schulfreunden und einmal mit dem großen Bruder. Sowie mit einem traumatischen Erlebnis bei Die Rückkehr der Jedi-Ritter. Dem damals Zehnjährigen wurde der Einlass in den ab Zwölf freigegebenen Film verwehrt. Aber das hat ihn nicht davon abgehalten, im Kino groß zu werden und sich mit den Jahren das Gefühl zu bewahren, durch jeden weiteren Kinobesuch ein Stück zu wachsen.

Die wahre Liebeserklärung an den 130-jährigen Zauber steckt für ihn somit in der Antwort auf die Frage: "Welchen Film wollen wir heute Abend gucken?" Und sie lautet: "Egal, Hauptsache, wir gehen ins Kino."

WF

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