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Jean-Paul Belmondo: Immer wieder sonntags

Belmondo eroberte als Schauspieler mit Herz die Welt. Er spielte unter den größten Regisseuren und brillierte sowohl in Nouvelle Vague als auch Action-Filmen. Am 9. April 2023 wäre er 90 Jahre alt geworden.

09. April 2023

Ungefähr 20 Jahre nach seinem unsterblichen Auftritt als Michel Poiccard in Außer Atem von Jean-Luc Godard spielte Jean-Paul Belmondo die Hauptrolle in einem dieser zahlreichen auf ihn zugeschnittenen Hauruck-Filme. Von denen sprach die Kritik zwar mitunter abfällig, ob ihres Erfolgsgaranten Belmondo jedoch auch immer wieder bewundernd. In Deutschland verschmolz Götz George ja in ähnlicher Weise mit seiner Figur, die Probleme sprichwörtlich und buchstäblich auf eigene Faust löste. Sicherlich keine Übertreibung, dass die seit den 1970er Jahren typischen Belmondo-Typen zu Role Models wurden, auch für Tatort-Kommissar Schimanski. Der französische Superstar selbst ließ sich in Sachen "Action" nur allzu gerne von einem darin geübten Regisseur wie Georges Lautner inszenieren. Das lohnt sich auch im Rückblick. Es kommt in Lautners oben erwähnten Meisterwerk des Hauruck-Films, Der Profi , nicht unbedingt auf die Story an, sondern vielmehr auf die Liebe zu jedem Detail – man darf ruhig sagen, zu jeder Falte in Belmondos charmant zerknautschtem Gesicht. Der noch immer grandiose Score von Ennio Morricone tut ein Übriges. Ein solches Katz-und-Maus-Spektakel, mitreißend von der ersten bis zur letzten Sekunde, nennt man bis heute "Sonntagsfilm". Und in diesem wunderbaren Genre war der am 6. September 2021 verstorbene Jean-Paul Belmondo, der heute – am Ostersonntag – seinen 90. Geburtstag hätte feiern können, bestens aufgehoben.

Belmondo cool in "Außer Atem" © Studiocanal

Belmondo cool in "Außer Atem" © Studiocanal

Lange Zeit galt Belmondos lässige Außer Atem-Performance als Gradmesser seiner Karriere. Manche Cineasten haben es Belmondo wohl nie verziehen, dass er Darbietungen in künstlerisch wertvollen Nouvelle Vague-Filmen wie Elf Uhr nachts Ausflüge in konventionellere Gefilde des Gangster- und Abenteuerflicks folgen ließ. Die wurden, wie gesagt, später vollends zu seinem Markenzeichen. In den Augen der Belmondo-Bewunderer sprachen sie sowieso nur für ihn, genau wie die Tatsache, dass er sich bei seinen Stunts nicht doublen ließ, solange er dies körperlich zu leisten vermochte. Als es nicht mehr ging, drehte er fast gar nicht mehr. Einen Belmondo konnte und kann es eben nur einmal geben – auch am Set. Die Rollen wechselte er dagegen schon früh mit viel Elan. Zwischen Godards berühmtem Debüt und Philippe de Brocas turbulentem Mantel- und Degen-Spaß Cartouche, der Bandit , der später als erster Farbfilm im deutschen Fernsehen lief, liegen vom "Anspruch" her Welten, aber im Kalender nur zwei Jahre. Dreizehn weitere Filmproduktionen mit Belmondo entstanden in dieser kurzen Zeitspanne. Belmondo übte sich fleißig darin, Vielseitigkeit zu beweisen, indem er mit einer unglaublichen Selbstverständlichkeit bei seinen Prinzipien blieb, also die eigenen Charakterzüge ausbildete. Es passt irgendwie, dass er 1933 als Sohn eines Bildhauers und einer Tänzerin auf die Welt kam. Durch die Geschichten der Filme bewegte er sich tänzerisch, während sich das Leben in seinem Gesicht manifestierte wie hineingemeißelt.

Belmondo abenteuerlich in "Cartouche, der Bandit" © Studiocanal

Belmondo abenteuerlich in "Cartouche, der Bandit" © Studiocanal

Als junger Bursche strahlte er schon eine gewisse Reife aus, und in der Rolle des Actionhelden blieb ihm der jugendliche Schalk im Nacken erhalten. Nein, ein solcher Charakterkopf bis in die Fäuste wird man nicht im Hauruck-Verfahren! Die Schauspielerei müsse man lernen, bekannte Belmondo einmal. Es sei nicht schwer, aber es komme auch nicht von selbst. Einerseits war er kein Naturtalent, andererseits entsprach sein Aussehen nicht den üblichen Filmhelden der 1960er Jahre. Letztlich war es eben diese Unwahrscheinlichkeit, die Belmondo auszeichnete, weshalb er in Der Teufel mit der weißen Weste von Jean-Pierre Melville hervorragend zur Geltung kam, schließlich galt der Regisseur selbst als Gratwanderer zwischen Kunst und Kommerz, Nouvelle Vague und Hollywood. Nicht zu vergessen, dass Belmondo für Eine Frau ist eine Frau ein weiteres Mal mit Jean-Luc Godard zusammenarbeitete. Doch mindestens ebenso wird er stets in Erinnerung bleiben als Ein irrer Typ, Der Dieb von Paris oder Der Boss. Für uns Belmondo-Fans ist es der größte Trost, dass jede Woche einen Sonntag hat. An diesem ganz besonderen Sonntag feiern wir den Jubilar bestimmt sogar mit mehr als einem seiner Filme. Das wird eine runde Sache.

WF

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