Es wirkt etwas merkwürdig, dem 77-jährigen Werner Herzog eine Auszeichnung fürs Lebenswerk in die Hand zu drücken, auch wenn es sich um den renommierten Europäischen Filmpreis handelt. Der Regisseur, der fünf gemeinsame Produktionen mit dem Scheusal Klaus Kinski überstand, jener Mann, der fast vom Himmel gefallen wäre, wie wir in unserem Geburtstagsständchen dieses Jahr festgestellt haben, hat ihn natürlich verdient. Keine Frage.
Aber eigentlich hätte Herzog bei der Preisverleihung in Berlin fragen können, woher die Akademie wissen wolle, wie seine vielen zukünftigen Projekte wohl gelingen mögen. Schließlich wird Herzogs künstlerischer Output im Alter alles andere als geringer, und zudem ist jeder seiner Filme bis heute eine riskante Angelegenheit. So ist es kein Zufall, dass Laudator Wim Wenders in seiner Rede betonte, dass Herzog stets für seine Filme brenne, ein inneres Feuer, dass ihn dazu motiviere"an Grenzen zu gehen". Von Grenzen sprach der Geehrte in seinen Dankesworten tatsächlich, mochte aber nicht von sich selbst reden. Vielmehr erinnerte der Ur-Bayer Werner Herzog an die Wichtigkeit der Europäischen Union und bezeichnete sie als das größte Friedensprojekt, dass die Welt je gesehen habe.
Banderas mit kritischem Blick hinter den Kulissen von "Leid und Herrlichkeit"
Ganz besonders herzlich gratulieren möchten wir an dieser Stelle auch einem anderen überzeugten Europäer, Antonio Banderas, der für seine Rolle in Leid und Herrlichkeit von Pedro Almodóvar den Preis als bester europäischer Schauspieler abräumte. Beim Gespräch im Rahmen des Filmfest München hatten wir uns bereits persönlich sowohl von seinem Charisma als auch von seinen schauspielerischen Fähigkeiten überzeugen können. Almodóvars autobiografisches Meisterstück gab ihm die perfekte Gelegenheit, diese Qualitäten in ihrer reinsten Form auf die Leinwand zu bringen. Wir vermuten mal: Das war erst der Anfang eines zweiten Frühlings.
Sämtliche Gewinner*innen auf einen Blick finden Sie hier
WF