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Volker Spengler: Der Mensch, der in ihm steckte

Trauer um einen großen Charakter-Darsteller des Ensembles von Rainer Werner Fassbinder, dessen In einem Jahr mit 13 Monden ihn berühmt machte. Volker Spengler arbeitete auch mit Schlingensief und zeigte auf vielen Theaterbühnen, was ihn auszeichnete.

Persönliches/Aus gegebenem Anlass

12. Februar 2020

Der Begriff Fassbinder-Schauspieler wird Volker Spenglers Lebenswerk nicht annähernd gerecht, und doch darf man das Zauberwort heute für ihn und einige seiner Kolleg*innen als Auszeichnung verwenden. Wie sagt man so schön? Weil sie zur rechten Zeit am richtigen Ort waren um Legendäres zu vollbringen. Volker Spengler spielte in zahlreichen Filmen von Rainer Werner Fassbinder, berühmt wurde er durch die Darstellung der Transsexuellen Elvira Weishaupt in In einem Jahr mit 13 Monden. Diese Rolle passt hervorragend zu seinem Wesen. Er verkörperte Zärtlichkeit und Verzweiflung samt einer Spur Politik, einfach weil er vor der Kamera zum Menschen werden konnte, der in ihm steckte. Eine unheimliche Gabe, manchmal furchterregend, manchmal komisch, manchmal tragisch – aber immer das Gegenteil davon, bloß eine Rolle zu spielen. Die besten Fassbinder-Filme sind aus diesen Ingredienzien zusammengesetzt, die Spengler verkörperte, so wie ein ordentlicher Cuba Libre halt aus Rum, Cola und Limette besteht. Wie Fassbinder selbst in der Verfilmung von Volker Schlöndorff gab Spengler später am Berliner Ensemble Brechts Trunkenbold Baal und stand dabei neben sich, wie Rüdiger Schaper es in seinem ausnehmend schönen Nachruf im Tagesspiegel beschreibt: "Als müsse er staunen über soviel ungesunden Lebenswandel; dahinter steckte viel Selbstironie."

Manchmal furchterregend, manchmal komisch, manchmal tragisch – aber immer das Gegenteil davon, bloß eine Rolle zu spielen

Volker Spengler war auch in Die dritte Generation, Satansbraten oder Die Ehe der Maria Braun dabei – er dürfte also ausgiebig Erfahrung gemacht haben mit jenen schonungslosen Lebens- und Arbeitsverhältnissen und nagenden zwischenmenschlichen Beziehungen, die man dem Fassbinder-Ensemble nachsagt, da in seinen Kreisen alles radikal der Kunst untergeordnet wurde. Von diesen Prioräten zeugt andererseits Volker Spenglers Bescheidenheit, seine Zurückgenommenheit, wenn er über seine Arbeit sprechen sollte. Dann nämlich schwieg er lieber. Warum in schnöde Worte fassen, was den ganzen Körper und Geist angeht? Er spielte in Christoph Schlingensiefs wichtigsten Filmen und stand in den spannendsten Momenten auf den relevantesten Theaterbühnen. Volker Spengler hat sämtlichen Werken, an denen er beteiligt war, seinen eigenen und damit auch ihren Charakter verliehen. Er wurde 80 Jahre alt.

WF

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